Das Theater um Wirtschaftsminister Michael Glos
Reisende soll man nicht aufhalten, besagt eine Spruchweisheit. Das mag banal klingen, war aber im Fall des gescheiterten Wirtschaftsministers Glos der einzig mögliche Weg. Selbst „Parteifreunde” bedauern seinen Ausstieg allenfalls mit Krokodilstränen. Sowohl in der Union als auch in der Koalition, die Glos gleichsam schlecht aussehen lässt, spielte er zuletzt nur noch eine Nebenrolle. Michael Glos war als Wirtschaftsminister nicht länger tragbar. Er war der falsche Mann zur falschen Zeit auf einem viel zu wichtigen Kabinettsposten. Michael Glos war nie ein guter Wirtschaftsminister, und in den letzten Monaten, als man ihm die Bürde des Amtes immer mehr ansah, noch nicht einmal ein guter Ministerdarsteller. Im Vergleich mit dem kantigen, stets hyperaktiven Peer Steinbrück wirkte Glos eher griesgrämig und grau.
Spätestens, als die Kanzlerin lieber neben dem zupackenden Finanzminister zur öffentlichen Krisenbewältigung vor die Kame-ras trat, ist Glos seine Misere wohl bewusst geworden. So war der Abgang auch eine ehrliche Fügung in die höhere Erkenntnis, dass er dem Amt nicht gewachsen war.
Gerade während der weltweiten Finanzkrise wird ein starker und ideenreicher Wirtschaftsminister benötigt, der das Vertrauen von Industrie und Mittelstand hat. Dass Michael Glos in dieser Hinsicht eine Fehlbesetzung war, darf man ihm nicht zum Vorwurf machen, denn er hat sich um dieses Amt nie gerissen.
Als Edmund Stoiber überraschend vor der bundespolitischen Verantwortung kniff, um lieber dem Volk der Bayern beiseite zu stehen, wurde der gelernte Müllermeister Glos widerwillig ins Wirtschaftsressort gedrängt. Dort vermutete der Wähler bislang traditionell die Kernkompetenz der Union. Glos konnte diesem Anspruch nicht gerecht werden und verspielte mit dem eigenen Ruf auch den der Union als Wirtschaftspartei.
Seine Demontage zeigt, wie die Regionalpartei CSU mit Politik und Politikern umgeht, wenn es nicht vordergründig um das bayerische Wohl und Wehe geht. In Berlin will die CSU nur mitreden, um ihren Machtanspruch zu sichern, aber nicht, weil sie bereit wäre, echte Verantwortung für die Bundesrepublik zu übernehmen.
Seit dem Landtagswahl-Debakel und dem folgenden Seehofer-Putsch ist die Partei der Bayern ausschließlich mit sich selbst beschäftigt. Unter dem neuen Vorsitzenden wurde Michael Glos auch in der CSU entmachtet. Der einst einflussreiche Strippenzieher geriet zusehends zur randständigen Figur. Seine Steuerkonzepte fanden am Ende nur noch den mitleidigen Beifall der FDP, die Michael Glos als das „Quantum Trost” karikierte.
Doch das angerichtete Chaos ist nicht komisch. Angela Merkel muss nun endlich Führungsstärke zeigen. Inmitten der großen Krise darf sie nicht zulassen, dass eine außer Kontrolle geratene CSU die Bundesregierung lahm legt. Es ist die doppelte Pflicht der Kanzlerin und Unionsvorsitzenden, das Laientheater um das Wirtschaftsministerium zu beenden und ihr Kabinett wieder handlungsfähig zu machen.