Berlin. Der Plan, die Abwrackprämie zu halbieren, kam für die meisten Angeordneten ebenso überraschend wie für die Bürger. Viele Parlamentarier fühlen sich überfahren und ausgebremst. Der Protest gegen das Vorhaben schwillt an - und es gibt schon wieder Ausstiegsszenarien.
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Ihre Erfahrungen mit der Abwrackprämie
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Die Regierung wurde überrascht und überrollt. Die Abwrackprämie wird immer begehrter. Die Planungsgrößen für die Kosten sind überholt. Nun leitet man in Berlin ein Wendemanöver ein. Denn die Bedingungen sollen zum 1. Juni geändert werden. Bislang winken beim Kauf eines Jahres- oder Neuwagens 2500 Euro, wenn man ein Auto verschrotten lässt, das neun Jahre oder älter ist. Nun soll die Prämie gekürzt, nach den internen Vorschlägen sogar halbiert werden. Kommt die Regierung damit durch?
„Nicht durchsetzbar”
Abgeordnete fühlen sich schnell überfahren. Diesmal hätten sie allen Grund dafür. Die Mehrheit der Parlamentarier von Union und SPD wurde kalt erwischt. Als Erster meldete sich der Haushaltspolitiker Johannes Kahrs (SPD) zu Wort. „Abwegig und nicht durchsetzbar”, lautet sein Fazit. Es ist unklar, ob er für alle spricht. Fraktionschef Peter Struck ist mit dem Motorrad in Sardinien unterwegs, sein Vize und Finanzpolitiker Joachim Poß war gestern in Washington; von einer „Entscheidung” wusste er nichts. Kommunikationspannen nehmen so ihren Anfang.
Widerspruch kommt auch aus der Union. Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) setzt sich dafür ein, dass die Prämie unverändert gezahlt wird. Wenn etwas so gut laufe und kurzfristig Beschäftigung sichere, „sollte man sich auch zum Instrument bekennen”, sagte er „Stern.de”.
Noch am Montag sah Angela Merkels Sprecher Ulrich Wilhelm „nicht den geringsten Hinweis” dafür, dass an der Abwrackprämie was geändert werde. Die Mittel würden so erhöht, dass die Prämie, „zu den Bedingungen, zu denen jetzt gezahlt wird, auch noch bis zum Jahresende reicht”. Als die Nachricht am Abend in der „Tagesschau” läuft, ist sie schon so gut wie überholt.
Bis zur Kabinettssitzung sollen die Fraktionen befragt werden
Auf Staatssekretärsebene werden die Änderungen erörtert. Am Mittwoch nimmt Merkel Vize-Kanzler Steinmeier sowie die Minister Steinbrück (Finanzen) und zu Guttenberg (Wirtschaft) zur Seite. Der Kreis einigt sich darauf, an die Abwrackprämie ranzugehen. Die Zahl der 1000 Euro fällt; angeblich sei Merkel einverstanden. Letztlich kommt man auf 1250 Euro - wie von den Staatssekretären anvisiert. Die Runde vereinbart, bis zum 31. Mai aber keine Korrekturen vorzunehmen und erst auf der nächsten Kabinettssitzung eine Entscheidung zu treffen. Bis dahin will man die Fraktionen zu Rate ziehen. „Die müssen wir mitnehmen”, weiß Merkels zweiter Sprecher, Thomas Steg.
"Wir wollen keine Endspurtdynamik"
Der Termin 31. Mai ist zwar willkürlich, aber wichtig. Man will vermeiden, dass die Bürger zu Ostern in Torschlusspanik die Autohäuser bestürmen. „Wir wollen keine Endspurtdynamik”, heißt es im Finanzministerium. Die Verbraucher reagierten bisher im Grunde idealtypisch. Die Abwrackprämie soll ein (Kauf)An-reiz sein, Investitionen vorzuziehen; in der Hoffnung, dass der Export im nächsten Jahr wieder anzieht. Im Topf sind 1,5 Milliarden Euro, genug für 600 000 Abwrackprämien. Fast doppelt so viele wurden allerdings schon beantragt.
Die Kosten begrenzen
Ob des Ansturms hatten sich Merkel und Steinmeier geeinigt, die Prämie bis zum Jahresende zu zahlen. Sie wollen nicht grob wortbrüchig werden, aber die Kosten gleichwohl begrenzen. Da blieb nur die Alternative, die Bedingungen zu ändern: Die Halbierung der Prämie. Wie stark man rangeht, ist eine Frage des Drucks. Das letzte Wort ist nicht gefallen.
Längst werden auf Beamtenebene ganz andere Modelle durchgerechnet. Man könnte die Prämie bei 2500 Euro belassen, aber die Bedingungen für den Kauf von Neuwagen aber verschärfen: mit strengeren Umweltauflagen. Das käme Premiumherstellern wie BMW und Mercedes zugute. Dann würde das Instrument seinem offiziellen Namen sogar gerecht werden: Umweltprämie.