Am 4. November wurde Barack Obama gewählt
In gewöhnlichen Zeiten ließe sich das erste Jahr nach der Wahl Barack Obamas vom 4. November 2008 als völlig normal abbuchen. Mit dem Unterschied, dass mit Obama der erste Afro-Amerikaner ins Weiße Haus zog. Schließlich waren auch die Umstände alles andere als normal. Der 44. Präsident übernahm von seinem Vorgänger zwei Kriege, ein gewaltiges Defizit und eine Volkswirtschaft, die in den Abgrund starrte.
Statt wie das Kaninchen auf die Schlange zu starren, schob der „Yes-We-Can”-Präsident mehrere Großprojekte gleichzeitig an. Vorneweg die Gesundheitsreform, die ausreicht, ihm bei Gelingen einen Platz im Geschichtsbuch zu sichern. Parallel begann Obama die Reform der Finanzmarktaufsicht und nahm Kurs auf eine neue Klimaschutz- und Energiepolitik.
Außenpolitisch polierte der Weltbürger im Weißen Haus das Image der USA auf. Ob dies genug ist, den Friedensnobelpreis zu rechtfertigen, bleibt dahin gestellt. Zumal Obama weder für Afghanistan noch Iran eine überzeugende Strategie gefunden hat.
Mit seiner Rede an die Moslems in Kairo, der Benennung eines Nahost-Sondervermittlers und dem Versprechen, Guantanamo zu schließen, hat der Präsident begonnen, „Softpower” zu projizieren. Eine willkommene Äbwechslung nach dem chronischen Säbelrasseln George W. Bushs.
Obama machte im ersten Jahr die Eröffnungszüge auf einem dreidimensionalen Schachbrett, dessen Koordinaten durch unerledigte Konflikte, den Arbeitsmarkt und die Finanzkrise bestimmt werden. Ob er immer einen Zug vorausdenkt, wird sich in den kommenden zwölf Monaten herausstellen. Dann muss der Präsident Ergebnisse vorweisen können. Bis dahin geben ihm die Amerikaner Zeit.
Sie unterstützen Obama trotz der enormen Probleme, vor denen die USA stehen, annähernd mit der gleichen Prozentzahl wie bei seiner Wahl. Die Euphorie des Neubeginns weicht heute einer realistischeren Erwartung: Dass Reformen Zeit brauchen in einem System, dessen Schöpfer Veränderungen bewusst schwer gemacht haben. Mit dieser Realität im Blick hat Obama in außergewöhnlichen Zeiten einen soliden Start hingelegt. NRZ