Schwarz-Gelb patzt. Doch die SPD zieht daraus keinen Nutzen.

Der scheidende SPD-Generalsekretär Hubertus Heil nahm gestern eine Anleihe, auf die er besser verzichtet hätte. Dass jedem Anfang, wie einst Hermann Hesse schrieb, ein Zauber inne wohne, diesem schwarz-gelben aber definitiv keiner, beschreibt die anbrechende Regierungswirklichkeit zwar nicht unzutreffend. Für die bisherige Darbietung der größten Oppositionspartei gilt aber nichts anderes. Die SPD tut sich über alle Maßen schwer mit ihrer neuen Rolle.

Dabei gibt Arbeitstag 1 nach dem Koalitionsvertragsgeschacher Vorlagen am laufenden Band, um das an ein Täuschungsmanöver grenzende Gebaren von Union und FDP ins rechte Licht zu rücken. Noch bevor gestern Abend die Tinte unter dem Koalitionsvertrag trocken war, stellten Liberale wie Unionisten nach Kräften das Trennende, nicht das Verbindende heraus.

Welche Wirkung es bei den Bürgern hat, wenn der eine Partner beharrlich von System-Erhalt im Gesundheitswesen redet (Rüttgers und Seehofer), der andere den zügigen System-Wechsel (FDP) als beschlossene Sache erachtet, kann man sich leicht ausmalen: Verdruss und Verängstigung. Nicht anders sieht es bei den hausgemachten Irritationen in der Steuerpolitik aus. Wo Liberale und FDP am liebsten schon das Vorweihnachtsgeschäft 2009 mit Steuersenkungen beschenken wollen, zeigt der neuen Finanzminister Schäuble vorsorglich sein Njet-Gesicht und verweist auf die wirtschaftlich angespannte Lage.

Prompt schaltet sich die Richtlinienkompetenz im Kanzleramt ein und mahnt bei der FDP mehr Realitätstauglichkeit an. Ein Ordnungsruf noch vor dem Start? Schlechter kann eine Regierung kaum beginnen. Eine Steilvorlage für Sozialdemokraten.

Aber von Oppositionsführer Steinmeier und der neuen Parteispitze in spe um Gabriel war gestern nichts zu hören. Stattdessen verlas Noch-Generalsekretär Heil in eher pflichtschuldigem Ton ein halbes Dutzend Kritikpunkte und warf der neuen Regierung vor, ein „Signal der Verunsicherung” auszusenden.

Das trifft es. Aber verunsichert ist wenige Wochen vor dem Dresdener Parteitag vor allem die SPD. Sie sollte einiges daran setzen, sich bald wieder zu fangen und die schwarz-gelben Ungereimtheiten klar zu benennen. Sozialverbände, Gewerkschaften und die Kirchen waren schneller. Sie erkennen in der neuen Koalition nicht die putzige Tigerente. Sondern ein trojanisches Pferd, in dem finstere Absichten lauern. NRZ