SPD-Generalsekretär Heil prophezeit beim NRZ-Redaktionsbesuch gute Chancen bei allen Wahlen

Essen. Hubertus Heil, Generalsekretär der SPD, geht von deutlich besseren Werten für die SPD aus, als es die Umfragen immer noch signalisieren. Bei der Europawahl in zweieinhalb Wochen glaubt er, „dass wir stärkste Fraktion werden”. Für die Landtagswahlen am 30. August prophezeit er mit Heiko Maas einen SPD-Ministerpräsidenten im Saarland und mit Christoph Matschie einen sozialdemokratischen Regierungschef in Thüringen. Und „in Sachsen haben wir deutlich aufgeholt”, so Heil im Gespräch mit der NRZ-Redaktion. Keine Frage, was dann bei der Bundestagswahl folgt: „stärkste Fraktion” und Frank-Walter Steinmeier als Kanzler...

„Die Umfragen sind besser geworden, das Rennen ist offen”, so der 37-jährige Generalsekretär. Für ihn „ist Tatsache, dass Schwarz-Gelb keine gesellschaftliche Mehrheit hat” - weil es „eine Grundströmung für die Sozialdemokratie” gebe, die mit dem Ende des Kommunismus vor 20 Jahren ebenso zusammenhänge wie mit dem „krachenden Scheitern” wirtschaftsradikaler Ideologie im letzten Herbst. Nun, inmitten der Wirtschaftskrise, „sind wir die treibende Kraft” mit Steinmeiers Konjunkturpaketen, Scholz' Arbeitnehmerpolitik und Steinbrück als Retter des Finanzsystems in Deutschland. So sieht das die SPD: „Wir haben die Konzepte und eine klare Orientierung. Das wird sich auszahlen”, sagt Heil.

Gesine Schwan am Samstag nicht zur Bundespräsidentin gewählt wird, fürchtet der Parteistratege keinen Nutzen für den politischen Gegner. Eine Unions-Kampagne gegen Rot-Rot fände er „armselig”. Sie würde zudem nur darüber hinwegtäuschen, dass CDU und CSU in der Krise „keine Orientierung” bieten könnten. „Schauen Sie sich nur das Chaos in der Steuerdebatte an”, wettert Heil. „Frau Merkel eiert in vielen Fragen rum. Sie hat die Union in den programmatischen Nebel geführt. Das reicht nicht.”

Zu den denkbaren Farbkonstellationen nach der Bundestagswahl gilt die Parole: „Rot-Grün hat die meisten programmatischen Schnittmengen; wenn das nicht reicht, wäre auch eine Ampel möglich.” Mit den Liberalen sieht Heil „Schnittmengen in der Innen- und Außenpolitik, in gesellschaftspolitischen Fragen, der Justiz- und Forschungspolitik” - wie auch heftige Gegensätze in der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Das hat seinen Reiz: „Ich kann mir ein fortschrittliches Bündnis zwischen Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen für einen neuen Aufbruch in der Bildungspolitik vorstellen.”

Für hohe Aufmerksamkeit in der SPD hat der Übertritt einer prominenten Europapolitikerin von der Linkspartei gesorgt. Heil sagt, dass „vor allem PDS-Pragmatiker in Ostdeutschland unter der Führung von Oskar Lafontaine von westdeutschen Sektierern an den Rand gedrängt werden”. So könnten „Betonkommunisten wie Sahra Wagenknecht, die in Düsseldorf für den Bundestag kandidiert, in dieser Partei wieder den Ton angeben”.

Die SPD stabilisiert das. Auf die Frage, welche Wirkung eine verlorene Bundespräsidenten-, Europa- und Saar-Wahl entfalten würde, antwortet Heil lakonisch: „Ich kann nichts für Ihre schlechten Träume...” NRZ