Großes Stühlerücken: Steinmeier will nicht SPD-Chef werden. Gabriel ist Favorit. Nahles als Generalsekretärin im Gespräch

Berlin. Im Machtkampf um den SPD-Vorsitz ist gestern eine Vorentscheidung gefallen. Der neugewählte Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hat einen Durchmarsch abgeblasen. Er strebt nicht den Doppelvorsitz von Partei und Fraktion an. Wie die NRZ in SPD-Kreisen erfuhr, soll Umweltminister Sigmar Gabriel SPD-Chef und Andrea Nahles Generalsekretärin werden. Ein deutlicher Linksruck der Partei.

Zuvor hatte die SPD-Fraktion Steinmeier mit einem 88-Prozent-Ergebnis zu ihrem Chef gewählt. Der am Sonntag unterlegene Kanzlerkandidat erhielt 126 Stimmen. Die Fraktion stellt 146 Abgeordnete. In seiner Rede stellte Steinmeier klar, bei der Neuordnung solle die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt werden. „Das ist mein Vorschlag”, versicherte er.

Neuausrichtung gefordert

Mitte November soll ein SPD-Parteitag in Dresden einen Vorsitzenden wählen. Neu in die Führung sollen als Vize-Chefs auch der bisherige Arbeitsminister Olaf Scholz und Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit aufrücken, dazu die Chefin der NRW-SPD, Hannelore Kraft.

Kraft forderte im NRZ-Gespräch eine inhaltliche und personelle Neuausrichtung. Um das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen zu können, „müssen wir klarer werden”, so Kraft. In den Neuaufbau wolle sich die NRW-SPD „mit ihren pragmatischen Positionen stark einbringen”. Vor der Fraktion sagte Steinmeier, die SPD müsse eine Volkspartei bleiben. In dem Kampf, diese Identität zu bewahren, verstehe er die Fraktion als „Speerspitze” und „Kraftzentrum” . Die zentrale Aufgabe als Opposition sei, gegen die Spaltung der Gesellschaft vorzugehen. Die Gegner seien nicht die Linke oder die Grünen, sondern die künftige schwarz-gelbe Regierung. Die SPD dürfe sich auf keinen „Wettlauf im Populismus” einlassen. „Wir müssen jeden Tag so arbeiten, dass man am nächsten Tag regieren kann”, rief er den Abgeordneten zu. Notwendig seien langfristige Konzepte.

Er wolle dafür kämpfen, dass die neue Oppositionszeit „bei Weitem nicht so lange anhält wie die letzte”. Als die SPD 1982 abgewählt wurde, blieben die Sozialdemokraten 16 Jahre lang in der Opposition.

Derweil kündigten Generalsekretär Hubertus Heil und der SPD-Vizechef Peer Steinbrück an, dass sie ihre Parteiämter niederlegen wollen. Steinbrück bleibt Abgeordneter. Das sei er seinen Wählern im Kreis Mettmann schuldig, betonte der scheidende Finanzminister. Meldungen, wonach er Angebote aus der Wirtschaft habe, seien „Schall und Rauch”. Rückzug auch in Thüringen: SPD-Landeschef Christoph Matschie beansprucht nicht mehr das Ministerpräsidentenamt in einer rot-rot-grünen Koalition. „Mir geht es nicht um meine Person. Mir geht es um eine funktionsfähige Regierung”, sagte Matschie in Erfurt.