Düsseldorf. Vom „Linken aus dem roten Eller” zum internationalen Kunstberater mit Affenliebe und Familiensinn: Helge Achenbach.

Kaistraße 18, elfter Stock. Wie ein Vogelnest aus Glas schwebt Helge Achenbachs Weitblick-Büro über dem Hafen. Tief unten, auf der gegenüberliegenden Landzunge, wühlen Bagger die Erde auf. Genau dort, wo Monkey's Island einst dem Großstadt-Robinson-Crusoe originelles Strandleben bot, herrscht jetzt Baustellen-Ödnis.

Tut's weh? Achenbach schüttelt den Kopf. „Nein, das ist abgehakt”, sagt der Gründer der Affeninsel. Und ist doch bereits auf dem Sprung, dem „steril gewordenen” Hafen den Rücken zu kehren. Bevor ihm die auf „seinem” Ex-Eiland entstehenden klotzigen Doppel-turm-Riesen die freie Sicht und die Laune vermiesen . . .

ZerstörterInsel-Traum

Der 55-Jährige international operierende Kunstberater, der den Immendorff-Affen zum gastronomischen Markenzeichen machte und mit Monkey's Plaza am Graf-Adolf-Platz und den drei Himmelsrichtungen-Restaurants Süd, Ost und West seinem zerstörten Insel-Traum eine ebenso elitäre wie florierende Fortsetzung gönnte, hatte schon früh ein Faible für die beiden Ks: Kunst und Kulinarik.

Wobei in den frühen Siebzigern das K eher für Kneipe (die alte Destille) ohne Promi-Auflauf stand und das Kunstverständnis des damals 22-Jährigen - erst recht aus der Perspektive eines Mannes mit 30 Jahren Seh-Schule - noch rein emotional, instinktiv geprägt war. Zeitgenossen von der Akademie zeigte Achenbach damals an der Bismarckstraße.

Bereits nach einem Jahr - „und das hatte nichts mit Erfolglosigkeit zu tun!” ist es ihm wichtig zu betonen - wechselte der junge Helge als Geschäftsführer in eine Galerie an der Orangeriestraße, sammelte Erfahrungen. Bis ihn 1977 ein Architekt von Hentrich Petschnig und Partner (HPP) animierte, gemeinsam dem „scheußlichen Begriff” von 'Kunst am Bau' eine neue Variante und eine eigene Business-Struktur abzutrotzen - als erster Art Consulter Deutschlands.

Heißt? „Erstklassige Künstler wie Richter, Beuys, Kricke, Uecker in die Architektur zu bringen. Ich war der Außenminister”, beschreibt Achenbach seine Rolle, die ihm gut und gerne 140 000 gefahrene Jahreskilometer einbrachte - auf dem Weg zu Architekten und Bauherren, IBM, Bundesbank, Allianz und Co. „Es öffnete sich ein Tor zum Paradiesgarten”, schwärmt er beim Blick in den Rück-Spiegel. „Ein prosperierendes Geschäft.” Die Porträts von Beat Streuli an der Stadtsparkassen-Fassade Berliner Allee, Tony Cragg bei der Apo-Bank, der Mack-Brunnen - einige sichtbare Spuren der Verschwisterung von Kunst und Architektur.

Sein „Meisterstück” nennt Achenbach selbst den Coup mit der Victoria-Versicherung 1986. „Bis dahin war ich Geselle.” Und es funkelt noch 20 Jahre später die Freude des Überzeugungstäters Achenbach in der Stimme, dem „stockkonservativen” Vorstand damals zu zwei Bildern von Gerhard Richter für insgesamt 290 000 D-Mark verholfen zu haben, die heute etwa 20 Millionen Euro wert sind. Sein Argument: „Lasst uns einfach den besten Maler nehmen, den Düsseldorf hat.”

Geschöpftes„Rheingold”

Doch 2001 krachte es in den deutschen Unternehmen. Mit den Milliarden-Verlusten, den Fusionen und Firmenverkäufen änderte sich die Situation für Achenbach radikal. „Ich stand vor einem Scherbenhaufen.” Jetzt konnte er nicht mehr auf kunstsinnige Firmenlenker setzen, jetzt standen die Controller am Ruder. Die Unternehmenskultur hatte sich geändert. „Diese Chefs kaufen keine Kunst mehr, hängen lieber ihre Erfolgsstatistik an die Wand.”

Helge Achenbach musste sich umorientieren. Strategiewechsel. Der Ruf seiner bisherigen Arbeit öffnete ihm die Türen bei privaten Sammlern, wie etwa der Familie Viehoff (ehemals Allkauf) oder dem Milliardär Mick Flick, die er jetzt konsequenter betreute. 70 Prozent private Kunden und 30 Prozent Unternehmen, ein im Vergleich zu früher auf den Kopf gestelltes Verhältnis, bestimmt den Terminkalender des Kunstberaters.

„Rheingold” schöpfte und schöpft der einstige „Linke aus dem roten Eller” aus dem Kunstmarkt. Sein Lieblingsprojekt ist diese Sammlung, die mittlerweile 600 Exponate umfasst. Werke von Thomas Struth, Imi Knoebel, Georg Baselitz, Fischli & Weiss, Daniel Richter..., finanziert aus einem „mehrstelligen” Kapital von sechs Unternehmern. Mit Kooperations-Verträgen finanzschwachen Museen aus der Ankauf-Misere zu helfen, Häusern etwa in Düsseldorf, Köln, Dresden und Wien, Leihgaben für mindestens 20 Jahre zur Verfügung zu stellen, das ist die eine Seite der „Rheingold”-Medaille. Und die Wertsteigerung über Museums-Adelung auch ein Effekt.

Die andere soll noch in diesem Frühjahr auf Schloss Dyck glänzen. Dort wird der Beraster, Jäger und Sammler die „Rheingold”-Kollektion ab 18. Mai an festem Standort präsentieren. Gegenwartskunst in historisch gediegenem Rahmen.

Ein cleverer Geschäftsmann, Marktführer in puncto erfolgreicher Paarung von Kunst und Kommerz, Gemälde und Geldanlage, ist Helge Achenbach, keine Frage. Aber ebenso ein Enthusiast. Einer, den das spielerische Vergnügen des großen Jungen, das Sendungsbewusstsein bestimmt, dem Anspruch auf wahre Kunst gegenüber der Ware Kunst den Vorzug zu geben. Bei den Künstlern, sagt Achenbach, habe er alles gelernt über das Sehen. Insbesondere Gerhard Richter nennt er einen „gestrengen Lehrer!”

Handverlesene Projekte, „die für mich einen übergeordneten Sinn machen” kann sich Achenbach leisten. Auch die nicht so sicheren 'Banken', die jungen, eben aus der Akademie strömenden Künstler zu fördern, sagt der Mann, der den noblen alten Beuys-Bentley S 1 (Baujahr 1959) nur noch gelegentlich aus der Garage holt.

QuerdenkenderTreiber

Macher, Selfmademan, Initialzünder, Kommunikator? „Querdenkender Treiber”, charakterisiert er sich selbst. Da entstehen Reibungsflächen. Dass etwa aus dem geplanten Kunst-Projekt im Heerdter Bunker nichts wurde, begründet Achenbach so: „Es ist schwierig mit der Stadt zu arbeiten.”

Dass Düsseldorf die erst frisch gegründete Messe für zeitgenössische Kunst „dc” verloren habe, sei bitter, aber logisch. Wichtig seien Basel, London, Miami, Madrid, Paris - und Berlin. „Für Düsseldorf und Köln ist der Zug abgefahren.”

Bodenständig ist der Umtriebige dennoch. Achenbach bleibt. Will etwas in der Region bewegen. Doch als Profiteur der Kunststadt Düsseldorf sieht er sich „in keiner Weise. Eher umgekehrt.”

Kunst, Kommerz und Küche - zu den drei Achenbach-Ks gesellen sich noch ein viertes und ein fünftes: K wie Kicken steht für sein kurzes Intermezzo als Fortuna-Präsident ohne Fortüne. Das K wie Kinder fällt dagegen ergiebiger aus. Acht Nachkömmlinge (von drei Frauen) hat Achenbach. Gretchen-Frage: Wie hält's der Nachwuchs mit der Kunst? Der elfjährige Sohn Max, berichtet der stolze Vater, sei der jüngste Sammler in der Familie - ein kleiner Warhol, ein Thomas Schütte.... Und bereits mit drei habe der Kleine seinen Kopfstand so kommentiert: „Ich mache einen Baselitz.”