An Rhein und Ruhr. Der Verein ist gegründet. Es gibt viele Pläne und viele Möglichkeiten, vor der Haustür unbürokratisch zu helfen.
Armut ist sichtbar, überall an Rhein und Ruhr. Bei Nachbar-Kindern, in Kitas und Schulen, kurz: vor der Haustür. Jeder vierte Knirps in NRW gilt als bedürftig, dabei beginnt Armut lange vor der Theorie. Menschen wie Michaela Willms kümmern sich nicht um Definitionen, sie stopfen Löcher. Täglich. Im Moerser AWo-Spielhaus „Asbär” ist das Publikum gemischt, viele Kinder werden gezielt unterstützt. Willms hilft bei Hausaufgaben und erklärt, warum Obst gesund ist. Vor allem ist sie wachsam.
Armut wird gern versteckt. So offensichtlich wie bei Judith, die im Dezember mit Ballerinas und ohne Söckchen in den „Asbär” marschierte, ist die Not nicht immer. „Wir haben ihre Eltern angesprochen. Am nächsten Tag hatte sie dicke Stiefel von ihrer Schwester an. Nur vier Nummern zu groß.” Geschichten, die Willms im Dutzend erzählen könnte. Was sie aber immer noch erschreckt: „Einige Kinder haben ständig Hunger.” Es gibt eine Reihe von Grundschülern, die nach dem Unterricht direkt zum „Asbär” laufen, „weil sie daheim – aus welchen Gründen auch immer – nichts bekommen.” Oder erst am Abend. „Bis dahin hätten sie dann ein Schulbrot gegessen, das geht nicht”, sagt Willms. Die Einrichtung wird von der Moerser Tafel unterstützt.Oft sind es die kleinen Dinge, die Großes bewirken. Genau dort wird „Klartext für Kinder - Aktiv gegen Kinderarmut” ansetzen. „Wir wollen Individualhilfe leisten, zusätzlich und unbürokratisch”, erklärt Reinhard Rosemann, als ehemaliger Jugendamtsleiter von Moers ein Experte und 1. Vorsitzender des Vereins. NRZ-Chefredakteur Rüdiger Oppers repräsentiert als 2. Vorsitzender die Ideengeber und Motoren dieser Initiative – Sie, liebe Leserinnen und Leser. „Kurz nach Weihnachten habe ich Jürgen Rüttgers, den Ministerpräsidenten unseres Landes, über dieses großartige Engagement informiert. Er hat sich spontan entschieden, die Schirmherrschaft zu übernehmen. Ich emfinde das als Auszeichnung für die Aktion.” Tatsächlich kann „Klartext für Kinder” mehr als vereinzelte Löcher stopfen. Der Verein wird das ohnehin gut funktionierende Geflecht der Jugendhilfe gezielt, sinnvoll und dauerhaft ergänzen.
In der Praxis sieht das so aus: Organisationen wie Arbeiterwohlfahrt, Diakonie, Paritätischer und Caritas melden Bedarfe aus dem Alltag in bedürftigen Familien, in denen sie tagtäglich Hilfen zur Erziehung oder anderweitige Sozialarbeit leisten. Es sind Akutsituationen, für die es keinen Topf gibt. Das Beispiel von Maria aus Moers-Repelen spricht Bände: Bei der allein erziehenden Hartz IV-Mutter gaben vor zwei Wochen Herd und Kühlschrank zeitgleich den Geist auf. Der Gesetzgeber sieht vor, dass die dreifache Mutter vom Arbeitslosengeld II soviel beiseite legt, dass sie solche Klippen umschiffen kann. Kann sie aber nicht.
Dafür könnte Marias Erziehungshilfe oder Kirchengemeinde künftig einen Antrag bei „Klartext für Kinder” stellen. Geld gibt's keins, aber einen Auftragsschein, gegebenenfalls gebrauchte, vernünftige Geräte. Und vor allem: schnell. Die Infrastruktur steht. Privatpersonen, die arme Kinder unterstützen wollen, werden über die Freiwilligenzentrale der Diakonie vermittelt, wo der Verein seine Geschäftsadresse hat. Wer sich lieber finanziell engagieren möchte, kann auf das Vereinskonto spenden. Wir kaufen Schulbücher, bezuschussen Klassenfahrten, holen arme Kinder individuell zurück in die Mitte der Gesellschaft. Geplant sind Fußballferien-Camps, Kindergeburtagsparties, Ideen gibt es mehr als genug. Jetzt geht's an die Umsetzung. Startschuss die Mitglieder- und Interessentenversammlung Anfang April. Helfen Sie weiter, liebe Leserinnen und Leser, viele Kinder brauchen es dringend. (NRZ)