Die Essener Unternehmensgruppe nutzt Absatzkrise und Kurzarbeit zur Weiterbildung ihrer Mitarbeiter

Essen. Heinz-Peter Schlüter ist sein gesamtes Berufsleben im Metall- und Aluminiumgeschäft aktiv und hat viele Konjunkturzyklen erlebt. Die derzeitige Krise sieht der Gründer und Alleineigentümer des größten deutschen Aluminiumherstellers Trimet eher gelassen. Zwar sei der Absatz in den ersten Monaten 2009 um 30 Prozent eingebrochen. Entlassungen oder gar die Aufgabe von Standorten wie sie der Konkurrent Norsk Hydro mit seiner Hütte in Neuss plant, sind bei Trimet aber kein Thema. „Wir haben überhaupt nicht vor, eine Hütte zu schließen”, sagt Schlüter.

Zwei Drittel des gesamten Aluminiums auf der Welt sei erst in den vergangenen zehn Jahren produziert worden. Das zeige die Dynamik des Marktes. Schlüter erwartet neue Impulse. Audi erwäge etwa, bei der Fertigung des A4 oder A6 ganz auf Stahl zu verzichten und nur Aluminium einzusetzen. Das allein entspreche in Deutschland einem zusätzlichen Bedarf von 400 000 Tonnen, mehr als die Hälfte der gesamten deutschen Produktion an Hüttenaluminium.

Hälfte der Öfen steht still

Trimet produziert an sieben Standorten in Deutschland und vermarktet 700 000 Tonnen Hütten-, Recycling- oder Guss-Aluminium. Das Unternehmen versucht derzeit, mit Kurzarbeit über die Runden zu kommen. Etwa die Hälfte der Elektrolyse-Öfen in den Hütten in Essen und Hamburg steht gegenwärtig. Schlüter spricht aber statt von Kurzarbeit lieber von der 5. Schicht, die gegenwärtig gefahren werde. In dieser Schicht würden die Leute in umfassenden Weiterbildungsprogrammen zusätzlich geschult.

Die Arbeitsplätze in der Aluminiumindustrie werden laut Schlüter weniger durch die Wirtschaftskrise als die hohen Strompreise gefährdet. Der absolute Vorrang für regenerative Energien in Deutschland, das Preissystem der Energiekonzerne und das CO2-Handelssystem brächten Industriebranchen mit hohem Stromverbrauch „an den Abgrund”. Diese Unternehmen müssten von den Kosten für die CO2-Zertifikate befreit werden, sonst hätten sie in Deutschland keine Zukunft. Trimet verbraucht zu normalen Zeiten fünf Terawattstunden Strom im Jahr - das würde ausreichen, die Großstädte Essen und Düsseldorf samt der Industriefirmen zu versorgen. Unternehmen in anderen EU-Ländern bekommen anders als in Deutschland besonders günstige Industrietarife.

„Ja, es gibt Gespräche in Berlin”, bestätigt Schlüter indirekt Pläne der Bundesregierung, die stromintensiven Industrien von den Kosten für die Emissionszertifikate zu entlasten. Es sei „bei der Politik angekommen”, dass etwas geschehen müsse. Er beziffert den Kostennachteil für seine Hütten auf 140 bis 150 Millionen Euro im Jahr. NRZ