An Rhein und Ruhr. Der Städte- und Gemeindebund NRW unterstützt den jüngsten Vorschlag der Bundesregierung für eine Lösung. Doch die nötige Mehrheit fehle.
Der Städte- und Gemeindebund NRW sieht kaum Chancen für eine kurzfristige Lösung des Schuldenproblems bei Städten und Gemeinden. Kamp-Lintforts Bürgermeister Christoph Landscheidt (SPD), gleichzeitig Präsident des Städte- und Gemeindebundes NRW, verwies auf die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat. Daher räumt er dem jüngsten Vorstoß der Bundesregierung, noch vor der anstehenden Neuwahl am 23. Februar eine Lösung für das Altschuldenproblem der Kommunen zu erreichen, keine Chancen ein.
Kommunalvertreter bemängelt Unterfinanzierung von Städten und Gemeinden
„Jetzt vor der Bundestagswahl schiebt man sich auch gegenseitig die Schuld zu, eine Lösung zu verhindern, auf die wir schon viel zu lange warten“, sagt Landscheidt, der Bürgermeister von Kamp-Lintfort ist, im Gespräch mit der NRZ. „Wir appellieren an die Verantwortlichen, dass man sich zusammenfindet und die Probleme angeht.“
Dabei treibt das Thema der Altschulden Bund, Länder und Kommunen schon seit mehr als 20 Jahren um. „Die Ursache dafür, dass man Schulden hat, ist dass man vorher nicht genug Geld hatte“, erklärt Landscheidt und spricht von einer „strukturellen Unterfinanzierung“. Seit Jahrzehnten habe man für gesetzlich auferlegte Pflichtaufgaben zu wenig Geld.
„Dazu kommen neue Aufgaben, die nicht ausreichend gegenfinanziert sind. Die Krise der Kommunalfinanzen hat sich durch die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine verschärft“, so der Verbandschef. „Die Ursache liegt darin, dass die Grundfinanzierung nicht stimmig ist. Wir hatten bis in die Achtzigerjahre in der Finanzausstattung Steueranteile von 28,5 Prozent und jetzt sind es 23 Prozent. Wir fordern seit vielen Jahren, das auszugleichen, in einem ersten Schritt auf 25 Prozent.“
Ohne Lösung der Altschulden drohen Sparmaßnahmen
Landscheidt warnt vor den Folgen einer fehlenden Lösung: „Immer mehr Städte können ihre Haushalte nicht ausgleichen. Dazu sind sie aber gesetzlich verpflichtet. Das Problem: Das Potenzial für Einsparungen ist weitgehend ausgereizt. Die Konsequenz ist, dass man entweder Grund- und Gewerbesteuer erhöhen oder Leistungen reduzieren muss“, schildert er. Betroffen wären viele Bereiche, angefangen beim Schwimmbad oder der Wohnungssituation bis zu Klimaschutz und Klimaanpassung. „Dafür haben wir längst nicht die Mittel, die wir brauchen. Bundesweit haben wir einen Investitionsrückstau von 186 Milliarden Euro.“
Wie gut oder schlecht die Unterstützung der NRW-Landesregierung ist, möchte er nicht benoten, so Landscheidt. „Aber ich wehre mich dagegen, wenn man sich als die kommunenfreundlichste Landesregierung bezeichnet – das ist sie sicherlich nicht.“
Kritik am Vorstoß der Bundesregierung gibt es jedoch von den Grünen in NRW. Verena Schäffer, Chefin der Landtagsfraktion, wirft der SPD eine „Last-Minute-Hektik“ vor. Olaf Scholz hätte eine Lösung schon längst forcieren müsse, so Schäffer. „Jetzt kurz vor der Bundestagswahl die seit Jahren bekannte katastrophale Finanzmisere so vieler Kommunen als Thema zu setzen, ist leicht als Wahlkampfshow zu durchschauen.“ Der vorgelegte Gesetzentwurf sei überfällig.