Niederrhein. Importverbote machen es ihnen schwer: Bauern in der Region spüren Auswirkungen der Maul- und Klauenseuche. So schützen sie ihre Betriebe.
Brandenburg ist weit weg. Doch der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche bei einer kleinen Wasserbüffelherde im Berliner Umland versetzt die Bauern auch in unserer Region in Alarmbereitschaft. Sie ergreifen erste Schutzmaßnahmen und blicken besorgt Richtung Osten. Landwirtschaftliche Betriebe am Niederrhein leiden unter der seit Tagen andauernden Ungewissheit.
So eine Situation hat es seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Es ist der erste Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in Deutschland seit 1988. Mehrere Länder haben Importstopps für deutsches Fleisch verhängt. Die Bauern spüren bereits die wirtschaftlichen Folgen.
Bauern am Niederrhein können keine Kälber exportieren
Nachdem die britische Regierung am Dienstag die Einfuhr von Rindern und Schweinen aus Deutschland wegen der Seuche untersagt hatte, zogen noch am selben Tag die Niederlande nach: Mastkälber dürfen aktuell nicht mehr nach Holland transportiert werden. „In dieser Woche wird in der Grenzregion kein Kalb gehandelt“, bestätigt Gregor Janknecht der NRZ, Referent für Rinderhaltung am Haus Riswick in Kleve, einer Lehr- und Versuchsanstalt der NRW-Landwirtschaftskammer mit angeschlossener Ökofachschule. Besonders hart trifft dieses Importverbot landwirtschaftliche Betriebe am Niederrhein. Viele haben seit Jahren enge wirtschaftliche Beziehungen zu niederländischen Bauern.
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Betroffen seien auch Schlachttiere, sagt Janknecht. Denn viele Bauern der Region bringen ihre Tiere in niederländische Schlachthöfe. „Auch das ist nicht mehr möglich.“ Die Konsequenz: Es wird erstmal weniger geschlachtet. Denn Landwirte können sich nicht einfach so ein neues Schlachthaus suchen. „Meistens gibt es gefestigte Handelsbeziehungen. Ein Viehhändler hat eigentlich einen Schlachthof, zu dem seine Tiere gehen. Da kann man nicht einfach umsteigen“, betont Janknecht. „Deswegen herrscht hier erstmal Stillstand.“
Wie lange das so bleibt, ist völlig unklar. Infektionen gebe es noch keine, teilt das Landwirtschaftsministerium mit. Doch wolle man durch das Transportverbot das Risiko minimieren. „Eine erste Untersuchung ergab, dass es seit dem 1. Dezember keine direkten Viehtransporte mehr aus Brandenburg in die Niederlande gegeben hat“, sagt Landwirtschaftsministerin Femke Marije Wiersma. „Da wir aber inzwischen wissen, dass Kälber aus Brandenburg über Sammelstellen in Deutschland in die Niederlande gelangt sind, möchte ich vorsorglich auf der sicheren Seite sein.“ Ihrem Ministerium zufolge geht es um mehr als 3600 Kälber aus Brandenburg, die in mehr als 125 Mastkälberfarmen gehalten werden. Die Betriebe sollen nun alle überprüft werden.
Besuchsverbot und Dokumentieren gegen die Seuche
Indes treibt die Landwirte am Niederrhein neben den Importverboten auch die Sorge vor einem Ausbruch im eigenen Betrieb um. Niemand könne die Lage aktuell genau abschätzen und man sei ja selbst bereits indirekt von der Seuche betroffen, sagt Rinderexperte Janknecht. Man sei entsprechend geltender Empfehlungen des Tiergesundheitsdienstes besonders vorsichtig beim Verkehr in den Betrieb hinein, erklärt er. „Wir lassen aktuell keine Besucher direkt in die Ställe.“ Immerhin: Die Seminarräume im Haus Riswick seien weiter zugänglich.
Zusätzlich dokumentiere man, wer aufs Gelände kommt. Das betrifft Handwerker, aber auch Besamungstechniker – also Fachleute, die Nutztiere künstlich befruchten. Wenn es zu einem Ausbruch in NRW komme, müsse man mögliche Überträger rückverfolgen können, schildert Janknecht. „Ähnliches dürfte in Brandenburg aktuell auch laufen.“ Auch alle möglichen Veranstaltungen mit Tieren seien vorsorglich abgesagt worden. Besonders, wenn Klauentiere involviert gewesen wären. Dazu zählen neben Rindern und Schweinen auch Schafe, Ziegen und Hirsche.
Maul- und Klauenseuche von Wildschweinen übertragen?
„Als Betrieb muss man gerade Vorsicht walten lassen“, sagt Janknecht. „Die Vermutung ist ja, dass die Krankheit durch Wildschweine übertragen wurde, die sich ebenso wie Wasserbüffel in Schlamm suhlen. Aber bewiesen ist das noch nicht. Es gibt jetzt eben Handelsbeschränkungen und wir passen genau auf, wer in den Betrieb kommt.“
Wie geht es weiter? Die Bauern hoffen, dass Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) helfen kann. Der hat angekündigt, bei seinen ausländischen Amtskollegen dafür werben zu wollen, dass Rind- und Schweinefleisch aus deutschen Regionen außerhalb der Berlin-Brandenburger Sperrzone wieder normal exportiert werden kann. Dies sei für Milchprodukte in der EU bereits erreicht worden, so Özdemir. Diese Waren können somit weiter gehandelt werden. Die Landwirte am Niederrhein haben also Grund zur Zuversicht. Jedenfalls so lange sich die Seuche nicht ausbreitet.