An Rhein und Ruhr. Im Dry January verzichten Menschen als Neujahrsvorsatz bewusst auf Alkohol. Wie sich ein Monat auf den Körper auswirken kann.
Der Januar ist für viele der Monat der Vorsätze. Ob mehr Sport, eine gesündere Ernährung oder weniger Stress. Dann wird besonders nach feuchtfröhlichen Feiertagen und der Silvesterfeier dem Alkohol häufig erst einmal abgeschworen. Dazu eignet sich der „Dry January“ (trockener Januar). Die Idee: Im Januar wird auf Alkohol verzichtet – und so ganz gesund in das neue Jahr gestartet.
Dry January: Wie viele Menschen halten ihre Vorsätze ein?
Wenig überraschend: Auf Platz eins der Top-Vorsätze für 2025 in Deutschland ist Stress vermeiden oder abbauen (68 Prozent), dicht gefolgt von mehr Zeit mit der Familie und Freunden (64 Prozent) sowie der Vorsatz, mehr Sport zu treiben (61 Prozent). Das geht aus einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag der Krankenkasse DAK hervor.
Bundesweit haben etwa 20 Prozent der Befragten den Vorsatz, weniger zu trinken oder sogar ganz auf Alkohol zu verzichten. Damit landet die Abstinenz auf Platz 12 der beliebtesten Vorsätze für das neue Jahr 2025. Männer fassen diesen Vorsatz mit insgesamt 24 Prozent häufiger als Frauen mit 17 Prozent. Die 14- bis 29-Jährigen haben mit 30 Prozent den höchsten Anteil in dieser Kategorie.
In NRW hatten sich laut der Umfrage 23 Prozent der Befragten vorgenommen, weniger Alkohol zu trinken. Nur in Baden-Württemberg liegt der Anteil derer, die das neue Jahr abstinent starten wollen, noch höher. Doch wie kann der Verzicht gelingen?
Besserer Schlaf, schöneres Hautbild, mehr Energie
Stephanie Eckhardt, Leiterin des Referats Suchtprävention bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, erklärt, dass der Körper bereits nach wenigen Wochen vom Verzicht profitiert. Besonders der Leber als Entgiftungszentrale tue das gut: „Bereits ein mehrwöchiger Alkoholverzicht kann dazu führen, dass sich die Leber wieder erholt.“
Ein Verzicht kann sich im ganzen Körper positiv bemerkbar machen: „Nach zwei Wochen Alkoholabstinenz spüren viele, dass sie besser schlafen und die Leistungsfähigkeit steigt. Nach vier Wochen kann sich ein erhöhter Blutdruck senken, das Hautbild verbessert sich und die Lebensenergie nimmt weiter zu.“ Und: Je länger man laut Expertin auf Alkohol verzichtet, umso geringer wird das Bedürfnis, Alkohol zu konsumieren.
So hohe Arbeitsausfälle durch Alkohol wie nie zuvor
Alkohol ist zwar gesellschaftlich anerkannt, doch es bleibt ein Zellgift, welches das Risiko auf Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigert, warnt Sabine Deutscher, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg: „Diese Form der Sucht kennt keine sozialen Grenzen und ist in allen gesellschaftlichen Schichten verbreitet. “
Das zeigen auch die Zahlen. Seit 2019 steigen die Arbeitsausfälle (AU) in der Region, die auf Alkoholkonsum zurückzuführen sind, jedes Jahr. Die AOK Rheinland/Hamburg meldet für das Jahr 2023 einen Negativrekord: „Im Jahr 2023 sind Berufstätige in Folge von Alkoholkonsum so lange arbeitsunfähig gewesen wie nie zuvor, 16,0 Tage je 100 Versicherte“, sagt eine Sprecherin. Am stärksten sei die Gruppe der über 60-Jährigen betroffen, die auf fast 27,6 Krankheitstage je 100 Versicherten kamen. Menschen zwischen 20 und 29 Jahren liegen bei 3,8 Ausfalltage je 100 Versicherte. Und auch bei den Geschlechtern gibt es große Unterschiede. „Männer fallen fast dreimal so häufig wegen Alkoholstörungen aus, wenn man die Zahl der AU-Fälle betrachtet: Auf 100 Männer kommen 1,01 alkoholbedingte AU-Fälle jährlich, auf 100 Frauen 0,37.“
Bei welchen Anzeichen sollte man hellhörig werden?
Stephanie Eckhardt ruft dazu auf, seinen Konsum zu reflektieren: „Alkohol ist eine Substanz mit erheblichem Suchtpotential. Wenn man selbst bemerkt, dass man immer mehr oder immer häufiger trinkt oder Alkohol konsumiert, um Probleme zu verdrängen, dann sollte man unbedingt eine Pause einlegen und kritisch prüfen, wie schwer der Alkoholverzicht tatsächlich fällt.“ Laut Eckhard sollte man besonders dann hellhörig werden, wenn man merkt, dass man nicht verzichten kann: „Wenn die Alkoholpause nicht gelingt, ist möglicherweise schon eine Abhängigkeit entstanden.“ In dem Fall solle man sich professionelle Unterstützung suchen.
Nachteile hat Alkoholverzicht nicht. Allerdings sei ein Hinweis wichtig für Menschen, die bereits alkoholabhängig sind und hohe Mengen konsumieren: „Wegen möglicher Entzugserscheinungen sollte bei ihnen der Konsum von Alkohol unter ärztlicher Überwachung beendet werden.“ Wenn man eine bestehende Abhängigkeit beenden wolle, sollte man auch hier professionelle Hilfe nutzen.
- Hilfreiche Informationen sowie eine kostenfreie und anonyme Beratung bieten beispielsweise örtliche Suchtberatungsstellen.
- Tipps und Unterstützung beim Alkoholfasten bietet die BZgA hier.
- Kontakt und Erste Hilfe der Anonymen Alkoholiker telefonisch unter 0202 / 62003-0 oder im Netz.
Nach einem Monat Pause wieder zurück zu alten Mustern?
Und was passiert, wenn der Dry January geschafft ist, einen Monat nichts getrunken wurde? Stephanie Eckhardt warnt vor einem übermäßigen Konsum nach dem „trockenen Januar“: „Durch die mehrwöchige Abstinenz ist die Toleranz gegenüber Alkohol gesunken. Das heißt, der Körper reagiert viel empfindlicher auf Alkohol.“
Schädigungen können jedoch auch schon bei kleinen Mengen eintreten, also nicht erst bei vermehrtem Alkoholkonsum. „Eine Alkoholmenge, bei der keine gesundheitliche Belastung zu erwarten ist, kann nicht bestimmt werden. Für die meisten durch Alkohol verursachten Erkrankungen steigt das Risiko, zu erkranken, aber mit der konsumierten Menge an. Je weniger Alkohol getrunken wird, desto besser also für die Gesundheit – das gilt auch nach dem temporären Verzicht auf Alkohol.“
Expertin gibt Tipps: So gelingt der Verzicht
Wer den Dry January durchziehen möchte, für den hat die Expertin folgende Tipps: „Wer auf Alkohol verzichten möchte, der sollte üben, Nein zu sagen und Alkohol auch im Freundes- und Bekanntenkreis abzulehnen. Darüber hinaus kann es helfen, erst gar keinen Alkohol zu Hause zu haben.“
Genuss geht jedoch auch ohne Umdrehungen. Der Markt steigt an: Im Jahr 2023 wurden in NRW 21,5 Prozent mehr alkoholfreie Biere oder Biermischgetränke produziert als im Vorjahr. Wer also auf den Geschmack nicht verzichten möchte, kann zu guten Alternativen greifen.
Außerdem können die positiven Aspekte des Verzichts helfen, dranzubleiben: „Bei einem temporären Alkoholverzicht kann sich der Körper vom energieraubenden Abbau des Zellgifts Alkohol erholen. Zudem profitiert auch die Psyche, denn Alkohol ist eine psychoaktive Substanz, also eine Droge.“ Wer durch die Alkoholpause die positiven Effekte der alkoholfreien Zeit bewusst wahrnimmt, für den wird laut Eckhardt sowohl der reduzierte Konsum als auch der längerfristige Verzicht auf Alkohol leichter.