An Rhein und Ruhr. Von der Herausforderung, eine Geburtstagsparty zu planen, wenn alle anderen Silvester feiern – eine persönliche Geschichte.

Als Kind habe ich meinen Geburtstag geliebt. Immer, wenn sich die Menschen aufs Bleigießen, Raclette-Essen und manche auch aufs Böllern vorbereiteten, wuchs in mir große Vorfreude. Und das, obwohl Weihnachten gerade erst vorbei war. Ich bin am 31. Dezember 2000 geboren. Die Zeit zwischen Weihnachten und Silvester fühlte sich als Kind an wie ein ewig langer Countdown zu meinem Geburtstag.

Sieben Tage, drei davon sind die Weihnachtstage, dann ist es endlich so weit. Ich fühlte mich, als hätte ich keinen Geburtstag, sondern eine ganze Geburtstagswoche. Wenn der Moment kam, in dem alle von zehn herunterzählten und sich bei null in den Armen lagen – ich habe mich Jahr für Jahr gefühlt, als wäre das Feuerwerk nur für mich. Doch je älter ich werde, desto genervter bin ich von dem Datum: Bis auf Ostern sieht das restliche Jahr leer aus.

Geburtstagsparty an Silvester: Alle sind schon verplant

„Das ist ja wie Weihnachten und Geburtstag zusammen!“ ist in meinem Fall mehr als ein Sprichwort. Wenn zwei der großen Feiern in eine Woche fallen: Was ist dann mit den anderen 51 Wochen des Jahres? Und vor allem mit den Geschenken? Den Satz „Das ist dann dein Weihnachts- und Geburtstagsgeschenk in einem“ kenne ich zu gut. Als Kind war das die absolute Flaute. Und wenn ich ehrlich bin, ist es heute immer noch so. Wenn mein Bruder im Spätsommer Geburtstag feiert, sind die Geschenke im passenden Papier eingepackt. Ich sehe das weihnachtliche Geschenkpapier genau sieben Tage nach dem Fest nochmal.

Am schwierigsten ist es, eine Geburtstagsfeier zu organisieren, wenn alle Silvester feiern. Es gibt einige Menschen, die im Sommer bereits Pläne für Silvester haben. Mit den immer gleichen Freunden und dem immer gleichen Essen. Beliebt sind auch Skiurlaube über Neujahr, die schon lange im Voraus gebucht wurden. Schon oft habe ich triumphierend bereits Mitte November die Einladungen verschickt und gedacht: „Dieses Jahr bin ich früh genug dran!“ Nur um dann doch wieder lauter Absagen zu bekommen.

Verkatert vom Vorfeiern – Silvester extrem

Ich wollte mich davon trotzdem nicht unterkriegen lassen. Bei meiner ersten richtigen Party saßen meine Freundinnen und ich im Wohnzimmer, während meine Eltern und ihre Gäste im Esszimmer eine Silvesterparty schmissen. Durch den Flur war die Feier im Nebenraum zu hören, und es fühlte sich fast wie ein Wettstreit um die beste Party an. Ich verlor ihn. Irgendwann feierten alle gemeinsam. Es war unmöglich, die Veranstaltungen getrennt zu begehen. Ich stellte mich stur: Ich wollte nicht Silvester feiern, sondern meinen Geburtstag!

Geburtstag an Silvester - Kinderfoto Helena Wagner
An ihrem dritten Geburtstag sah Helena Wagner eher wenig begeistert aus. Ob das am Datum oder doch eher am fehlenden Kuchen lag? © Funke Foto Services | Helena Wagner

Das sollte sich nicht wiederholen. Auf den nächsten Einladungskarten stand: „Haltet euch den 30. Dezember frei.“ Ich hatte die Nase gestrichen voll vom Vermischen der Festivitäten. Also versuchte ich, einfach rein- statt rauszufeiern.

Zu meiner Überraschung kamen die meisten Gäste tatsächlich. Der 30. Dezember entpuppte sich als ein Tag, an dem viele noch nichts vorhatten. Es war eine richtige Geburtstagsparty. Nix mit Silvester und frohes Neues. Ich habe es geliebt. Ich dachte, ich hätte endlich einen Weg gefunden, wie ich meinen Geburtstag und Silvester feiern kann, ohne beides miteinander zu vermischen.

Silvester oder Geburtstag? Ich musste mich entscheiden

Am nächsten Morgen kam die böse Überraschung: Der Kater hatte sich eingeschlichen. Meine Freunde und ich hingen so sehr in den Seilen, dass wir auf der Silvesterfete am Tag nach der Party nichts mehr zu feiern hatten. Selbst der Sekt zum Anstoßen um Mitternacht schmeckte nicht. Im nächsten Jahr versuchte ich es ohne Alkohol, aber trotzdem machte es mir die Müdigkeit unmöglich, anständig Silvester zu feiern. Vor 0 Uhr fielen mir die Augen zu. Ich musste resigniert feststellen, dass eine Geburtstagsparty einen Preis hatte – den der eigentlichen Silvesterfeier.

Also musste ich mich irgendwann entscheiden: Silvester oder Geburtstag? Ich entschied mich für Silvester. Ich wollte mit der Masse schwimmen, der doppelten Aufregung und der Bedeutsamkeit des Datums entgehen. Doch ich erwische mich jedes Jahr dabei, wie ich kurz vorher doch noch einmal darüber nachdenke, eine Geburtstagsfete zu schmeißen. Dann werde ich vernünftig und tröste mich mit Zukunftsmusik: „Den nächsten runden Geburtstag, den feierst du wieder richtig groß!“

Irgendwann begann ich, das Datum doch zu mögen. Es war eben besonders. Auf einem Date wurde ich mal gefragt, wann ich Geburtstag habe. Ich antwortete: „An Silvester“. Mein Gegenüber war überrascht: „Krass! Also am 30. Dezember, oder?“ Da wurde mir klar, dass es Menschen gibt, die sich über das Datum keine Gedanken machen. Sie feiern einfach dann Silvester, wenn alle anderen es auch tun. So entspannt wäre ich auch gerne.