Essen. Dem Kanzler wurde offiziell das Vertrauen entzogen. Der Wahlkampf ist eröffnet. Die Kompromisslosigkeit könnte für die CDU zur Falle werden.
69 Tage sind es noch bis zur Bundestagswahl. Nach der geplant verlaufenen Vertrauensfrage von Kanzler Scholz startet nun der harte Wahlkampf. Um welche Themen es geht, konnte am Montag jede und jeder am Fernseher oder Handy miterleben.
Es ist gut für unsere Demokratie, dass politische Debatten wieder intensiv verfolgt werden. Die Bundestagssitzung war bester Stoff für die Meinungsbildung. Von Desinteresse an Politik (wie noch vor Jahren) spricht aktuell niemand mehr. Außerdem erwiesen sich die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes erneut als klug und vorausschauend, indem sie das Instrument der Vertrauensfrage festschrieben. So gibt es kein politisches Vakuum wie etwa im Nachbarland Frankreich.
Die „Ampel“ hat eine Menge richtig gemacht
Doch was uns nach der Bundestagswahl erwartet, ist keineswegs ausgemacht. Falls Koalitionen schwierig werden, könnte mancher noch etwas milder an die Zeit der „Ampel“ zurückdenken. Immerhin hat sie in schwierigen Zeiten (Ukraine, Energie) eine Menge richtig gemacht, auch die Erhöhung des Mindestlohns, der Kindergrundsicherung oder den Pflegebonus kann sie auf die Habenseite buchen.
Doch der Dauerstreit machte alle Erfolge kaputt, zerstörte das Vertrauen. Alle Koalitionäre trugen ihre Schuld daran, doch Lindners Anteil war sicher der größte.
Auch Merz wird ohne Partner nicht regieren können
Wegen des Dauerstreits wandelte sich der Begriff „Ampel“ bald zum Schmähwort. Die Opposition und viele Medien machten bei der Ampel-Beschimpfung freudig mit. Das ist ihr gutes Recht. Doch Merz und seine CDU ahnen bereits, dass auch sie zum Regieren ohne Markus Söder und Partner anderer Parteien nicht auskommen.
Und vor allem merken sie, dass Kompromisse nötig sind. Wie das geht, scheinen manche leider verdrängt zu haben. Nach dem 23. Februar werden sie wichtiger denn je sein. Ansonsten endet es schlimmer als die Ampel. Hoffentlich beherzigen das alle.