Schon einmal hat die FDP eine Koalition aufgekündigt. Allerdings waren die Bedingungen andere als heute. Lindners Verhalten ist einfach verantwortungslos, findet unser Autor.
Als am 9. September 1982 der damalige Bundeswirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff (FDP) per Boten ein 34-seitiges Papier „zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit“ an Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) schickte, da hatte Lambsdorff einen klaren Plan: Raus aus der Ehe mit den Sozialdemokraten, rein ins Bett der Union. Helmut Kohl (CDU) wurde dank der Liberalen Kanzler.
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Heute stellt sich die Lage der FDP ganz anders dar. Erstens hat Parteichef Lindner keinen Plan, wie es nach dem Ausscheren seiner Partei aus der „Ampel“ weitergehen soll. Zweitens hat er nicht das Format von Lambsdorff, darum dümpelt seine Partei bei vier Prozent.
„Die Liberalen treiben die Zerstörung auf die Spitze“
Es macht fassungslos, wie sich die Ampel-Koalitionäre gerade beharken, obgleich sie schon mehrfach Besserung gelobten. Natürlich haben auch SPD und Grüne ihren Anteil am Zwist, aber die Liberalen treiben die Zerstörung auf die Spitze. Lindner will mit dem Kopf durch die Wand, Kompromiss ist für ihn ein Fremdwort. Wäre morgen Bundestagswahl, wäre seine Partei draußen, die AfD zweitstärkste Kraft. Glaubt Lindner wirklich, dass man mit Verantwortungslosigkeit punkten kann?
Während die FDP zu Zeiten von Lambsdorff, Genscher oder Scheel streitbare und kluge Geister in ihren Reihen hatte, hat sich die Partei heute ganz dem selbstdarstellerischen Lindner untergeordnet. Immerhin mucken ein paar Leute auf: Am Wochenende plädierte Verkehrsminister Volker Wissing für einen Verbleib in der Ampel, und der FDP-Grande Gerhart Baum (92, einst Innenminister) bezeichnete einen Ausstieg aus der Ampel gestern als „Selbstmord“. Die Frage ist, ob Lindner noch für kritische Stimmen empfänglich ist. Oder ob er – wie 2017 – erneut eine Koalition platzen lässt. Unserem Land erweist er damit keinen Dienst.