Niederrhein. Laut Friedrich Merz und Christian Lindner sollen „Leistungsträger“ steuerlich nicht leiden. Ernsthaft? Fragt sich unser Kommentator.
„Die Leistungsträger unserer Gesellschaft sollen steuerlich entlastet werden.“ Diesen Satz hört man besonders oft von CDU-Chef Friedrich Merz. Und beim FDP-Vorsitzenden Christian Lindner gehört er sogar zum Standardrepertoire. Wen die beiden mit Leistungsträgern meinen, kann man sich gut vorstellen: Es sind all jene, die jenseits der Höchstbeträge in den diversen Tarifverträgen verdienen. Also ab irgendwie fünfstellig im Monat. Genau diese dürften finanziell auf keinen Fall leiden, meinen Merz und Lindner, ganz ernsthaft.
„Ist nicht die alleinerziehende Mutter die wahre Leistungsträgerin?“
Sie offenbaren mit ihrer Sprache ein fragwürdiges Bild von den Menschen in unserer Gesellschaft. Denn ist die alleinerziehende Mutter, die sich um ihre Kinder kümmert und nebenbei an der Supermarktkasse, im Büro oder im Friseursalon arbeitet, nicht die wirkliche Leistungsträgerin? Oder die vielen Fach- und Schichtarbeiter, Handwerker und alle, die in Krankenhäusern, Kitas oder Pflegeeinrichtungen tätig sind: Sind das nicht die wahren Spitzenkräfte in unserem Land? Müssen sie nicht im Mittelpunkt der politischen Wertschätzung und also auch jeder Steuerreform stehen?
„Das kann man solidarisch nennen - leider sehen das dlängst nicht alle so“
Neben den Themen Sicherheit und Migration entpuppt sich nun die Steuerpolitik zum weiteren Gegenstand für den längst begonnenen Wahlkampf. Die SPD hat ein Konzept vorgelegt, das sogleich zu teils heftigen Reaktionen der anderen führte. Auffällig ist, dass die Sozialdemokraten die breite Masse etwas entlasten, aber vor allem eine Vermögenssteuer einführen wollen. Das ist mehr als überfällig. Schließlich besitzen die gut 3000 Reichsten des Landes ein Viertel des bundesdeutschen Gesamtvermögens. Ein enormes Ungleichgewicht.
Auch interessant
Es sollte diesen Wohlhabenden eigentlich eine Freude sein, wenn sie mit einem Teil ihres Vermögens bessere Schulen, Kitas oder einen funktionierenden Nahverkehr finanzieren würden. Warum können Reiche nicht in einen Fonds für gute Zwecke einzahlen? Wer die Schuldenbremse partout nicht antasten will, muss die Stärksten im Lande mit in die Verantwortung nehmen. Das kann man naiv nennen – oder eben solidarisch und gerecht. Leider sehen das (siehe „Leistungsträger“) längst nicht alle so.