Duisburg. Vor 80 Jahren bombardierten die Briten die Stadt. Mehr als 3000 Menschen starben. Angriffe auch auf Moers, Emmerich, Kleve, Düsseldorf

Es ist offenbar nicht vorgekommen, dass es nach den verheerenden alliierten Bombenangriffen auf Städte an Rhein und Ruhr zumindest versteckte Proteste gegen die Nazi-Diktatur gab. Dabei wollte das britische Bomberkommando mit den Angriffen eigentlich Panik und Verzweiflung bei der deutschen Zivilbevölkerung erreichen: Damit sie sich endlich gegen das Hitler-Regime auflehnt. Die zweitägige Bombardierung von Duisburg heute vor 80 Jahren war dabei nur ein Angriff von Tausenden auf kleine und große Städte im Reich. Mehr als 3000 Menschen kamen damals in Duisburg ums Leben. Viele durch die Wucht der Detonationen, ebenso viele wurden in den Trümmern verschüttet.

Überlebende haben ihren Kindern und Enkeln davon erzählt

Furchtbare Szenen müssen sich während des 48-stündigen Bombardements mit 2000 Flugzeugen abgespielt haben. Manche Überlebenden haben später ihren Kindern und Enkeln davon erzählt. Von der furchtbaren Angst in den Luftschutzkellern, von den getöteten Kindern und Eltern, vom Verlust der Wohnung.

Was sie jedoch über die britischen und amerikanischen Bomberbesatzungen dachten, ob sie sie als Feinde oder gar als Retter betrachteten, darüber wurde nur selten gesprochen. Schließlich waren die alliierten Angriffe ja eine Folge der Überfälle, Verwüstungen und Massaker der Nazi-Truppen auf den europäischen Schlachtfeldern.

Der 14. Oktober 1944 war ein Samstag, ein sonniger Herbsttag. Zwar heulten plötzlich die Sirenen, doch diesmal war die Vorwarnzeit so kurz, dass nur ein Teil der Bevölkerung es in die Luftschutzkeller schaffte. Keinen Schutz gab es für die Zwangsarbeiter in den Großbetrieben von Thyssen oder Krupp. Mehr als 9000 Tonnen Bomben aller Art fielen damals auf Duisburg, es war einer der schwersten auf eine deutsche Stadt überhaupt. 100.000 Häuser wurden zerstört.

Bombardierungen in Moers, Emmerich, Kleve, Düsseldorf, Essen

Das britische Bomberkommando unter der Leitung von Arthur Harris (der später auch die Bombardierung von Dresden 1945 befahl) wollte mit dem Angriff zum einen die „überwältigende Überlegenheit der alliierten Luftflotten“ demonstrieren, genauso aber auch die Moral der Deutschen erschüttern. „Moral Bombing“ nannte man das im Hauptquartier der Royal Air Force (RAF). Eine zynische Fehlannahme, wie sich herausstellte.

Zugleich nahmen die Angriffe zu. Die Bomber nahmen in jenen Wochen Moers, Emmerich, Kleve, Düsseldorf, Essen, Dortmund, Köln und andere ins Visier. Rund 600.000 Menschen starben dabei insgesamt. Es gab unendliches Leid, sinnlose Zerstörungen. Dennoch dauerte der Krieg damals noch mehr als ein halbes Jahr.

Neben den Erzählungen von Zeitzeugen in den Familien wurden zahlreiche Bücher über die Angriffe auf die deutschen Städte geschrieben. In den letzten Jahren wurde immer häufiger die Frage gestellt, ob diese britischen Bombenangriffe nicht auch terroristisch waren. Das waren sie wohl sicher, wenn man die Angriffe nur für sich allein betrachtet. Also losgelöst vom Angriffskrieg der Hitler-Schergen. Kein Kind, keine Frau, kein Mann konnte sich gegen de Bomben wehren.

Der Schrecken begann jedoch, als 1933 eine Menge Deutsche die NSDAP wählten und den Nazis bis zuletzt die Treue hielten.

Freundschaft mit dem einstigen Feind

Und auch wenn Relativierungen immer problematisch sind, so ist es dennoch wichtig zu wissen, dass allein im KZ Auschwitz in nur wenigen Wochen so viele Menschen getötet wurden wie bei sämtlichen Bombenangriffen auf die Städte im deutschen Reich.

Während sich heute vor genau 80 Jahren kaum ein Duisburger vorstellen konnte, wie die Stadt je wieder lebensfähig sein würde, so dauerte der Wiederaufbau nur rund 15 Jahre. Und recht schnell knüpfte die Stadt eine Verbindung zur britischen Stadt Portsmouth, zum einstigen Feind. Jedes Jahr gibt es seit 1950 einen regen Austausch zwischen Menschen diesseits und jenseits des Ärmelkanals.

Und niemand kann sich vorstellen, dass der eine den anderen töten könnte.