An Rhein und Ruhr. Seit Wochen steigen die Zahlen. Warum manche Krankheitsverläufe schwerer sind - und wieviele Impfschäden anerkannt wurden.

Lange Zeit war Corona kein Thema mehr, jetzt steigen die Fallzahlen in NRW wieder. Die Krankheitsverläufe scheinen bei manchen Infizierten schwerer zu werden. Einen Grund zur Panik gibt es nicht. „Es ist nicht dramatisch“, sagt der Infektiologe Dr. Björn Jensen von der Uniklinik Düsseldorf. Die Krankenhäuser in NRW melden „noch keine übermäßige Beanspruchung“.

Trotz des Auslaufens der Coronaschutzmaßnahmen im April vergangenen Jahres bleiben Infektionen mit dem Coronavirus meldepflichtig. Da die Testdichte allerdings deutlich abgenommen hat, also nicht alle Neuinfektionen über Tests nachgewiesen werden können, wird zudem das Abwasser auf Spuren des Virus untersucht. Auf die Toilette geht jeder.

Stagnation im Sommer, Anstieg der Zahlen seit Anfang September

Bis Ende August hielt sich die gemeldete Zahl an Neuinfektionen in NRW auf einem Niveau von etwa 1000 Fällen pro Woche, in den ersten beiden Septemberwochen sind sie nach Auskunft des Landesgesundheitsministeriums auf etwa 1300 Fälle pro Woche gestiegen. Ein Anstieg der Fallzahlen wird auch durch die Abwasser-Untersuchungen festgestellt.

Grundsätzlich ist ein Anstieg von Infektionskrankheiten im Herbst und Winter nicht ungewöhnlich, das zeigen die üblichen Grippewellen. Wird es kühler, sitzen Menschen eher in Innenräumen, die Schleimhäute sind trockener, wenn geheizt wird.

Mediziner sind überrascht: „Es hat zu früh begonnen“

Mediziner sind aber überrascht, dass der Anstieg der Corona-Neuinfektionen schon im Spätsommer angefangen hat. „Es hat zu früh begonnen“, sagt Infektiologe Jensen. „Wir haben mit einem Anstieg gerechnet, aber das ist jetzt früher als normal“, sagt Monika Baaken vom Hausärzteverband Nordrhein.

Beide Mediziner haben auch registriert, dass die Krankheitsverläufe manchmal schwerer sind als noch im Sommer. „Die Leute fühlen sich länger krank“, so Baaken. Infektiologe Jensen führt die „erhöhte Aktivität“ des Virus auf die Entwicklung neuer Varianten zurück.

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Laut Robert-Koch-Institut gibt es seit Kurzem eine neue „Sublinie“ namens XEC, die bei etwa einem Fünftel der Neuinfektionen nachgewiesen wird. „Das Virus versucht, unserer Immunität auszuweichen“, erklärt Jensen. Der Infektiologe betont aber auch: „Das Virus kann sich nicht unendlich verändern. Die Tricks, mit denen es ausweichen will, wiederholen sich.“

Dass die Fallzahlen jetzt steigen, könnte laut Jensen auch damit zusammenhängen, dass sich weniger Menschen haben impfen lassen. „Die Immunität flaut ab.“ Derzeit, so der Infektiologe, „befinden wir uns in einer Übergangszeit“. Die Pandemie ist vorbei, eine normales Erkältungsvirus sei Corona aber noch nicht. Sehr schwere Krankheitsverläufe mit Todesfolge seien aber – außer bei Hochrisikopatienten - eine „absolute Rarität“.

Bislang 119 Impfschäden anerkannt worden

Corona-Schutzimpfungen sind für Menschen über 60, mit chronischen Erkrankungen oder für solche, die in sensiblen Berufen arbeiten, empfohlen. Hausärzte-Sprecherin Baake sagt, der beste Zeitpunkt dafür sei ab Oktober parallel zur Grippe-Schutzimpfung. Sie geht davon aus, dass die Zahlen „sukzessive steigen“ werden, dramatisch sei die Lage aber nicht.

Die Zahl der anerkannten Impfschäden in NRW liegt laut Landesgesundheitsministerium derzeit bei 119 Fällen. Bis zum 1. September waren demnach insgesamt 2138 Anträge auf Entschädigung wegen mutmaßlicher Impfschäden eingegangen, 901 Fälle gelten als erledigt. Zur Einordnung: Über 14 Millionen Menschen haben sich in NRW mindestens einmal impfen lassen.

Keine Alarmstimmung in den Krankenhäusern

Auch in den Krankenhäusern herrscht noch keine Alarmstimmung. Aktuell sind in NRW laut DIVI-Intensivregister gerade einmal 81 der insgesamt 3343 verfügbaren Intensivbetten mit Corona-Patienten belegt. Zur Corona-Hochzeit im Winter 20/21 waren es über 1100. „Wir sehen keine überdurchschnittliche Auslastung der Krankenhäuser“, so Hilmar Riemenschneider, Sprecher der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW).

Ein Problem für die Krankenhäuser sei aber, wenn das Personal selbst erkranke oder in die Kinderbetreuung gehen müsse, weil in den Kindertagesstätten Personal ausfalle. „Das kann manchmal zu Engpässen führen“, so Riemenschneider.  

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