An Rhein und Ruhr. Seit Donnerstag gelten neue Bestimmungen für Cannabis am Steuer. Was NRW-Innenminister Reul davon hält und wie die Polizei auf Konsum testet.

Seit Donnerstag (22. August) gilt die im Juni vom Bundestag beschlossene Bestimmung zu Cannabis am Steuer. Bislang war es komplett verboten, mit dem Wirkstoff THC (Tetrahydrocannabinol) im Blut zu fahren. Nun ist dies bis zu einem Grenzwert von 3,5 Nanogramm je Milliliter Blut erlaubt. Der Gesetzgeber führte damit nach der Teillegalisierung von Cannabis eine ähnliche Grenze ein, wie die 0,5 Promille Alkohol, mit denen man höchstens am Steuer sitzen darf. Auf die gleiche Weise testet die Polizei jetzt auch den THC-Gehalt im Blut.

Kritik von Polizeigewerkschaft und Appell vom ADAC

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnte, der Grenzwert sei mangels Testmöglichkeiten derzeit nicht kontrollierbar. Der Autofahrerclub ADAC erklärte dagegen schon bei den Beratungen im Bundestag zur Höhe des Grenzwertes: „Es gibt bisher keine Anhaltspunkte dafür, dass die Interessen der Verkehrssicherheit dadurch beeinträchtigt werden.“ Wichtig sei aber, keinen falschen Eindruck zu vermitteln. Es gelte: „Wer fährt, kifft nicht!“

Das kostet das Fahren mit zu viel THC im Blut

Wer mit mehr als 35 Nanogramm THC pro Milliliter Blut Auto fährt, riskiert ein Bußgeld von 500 Euro und einen Monat Fahrverbot. Eine neue Ordnungswidrigkeit stellt es jetzt dar, wenn zum Kiffen Alkohol dazukommt. Dann drohen 1000 Euro Buße plus ein Monat Fahrverbot. Für Fahranfänger heißt es wie schon bei Alkohol: In der zweijährigen Führerschein-Probezeit und für unter 21-Jährige gilt Cannabis-Verbot. Der Grenzwert von 3,5 Nanogramm greift also nicht. Sanktion: in der Regel 250 Euro, Fahrverbot und eine Verlängerung der Probezeit.

Die von der Ampel-Koalition beschlossenen Regeln für einen THC-Grenzwert kommen begleitend zur Teillegalisierung von Cannabis, die zum 1. April mit zahlreichen Vorgaben in Kraft trat. Das Bundesverkehrsministerium erklärte, die Grenzwertregel schaffe Rechtssicherheit und -klarheit. Mit besonderen Regelungen für Fahranfänger und junge Fahrer werde ein maßgeblicher Beitrag zur Verkehrssicherheit geleistet.

Polizei: Für Kontrollen ändert sich nichts

Für das Vorgehen der Polizei bei Verdacht auf Cannabiskonsum ändere sich dadurch nichts, wie ein Sprecher der Kreispolizei Wesel auf NRZ-Anfrage erklärt. „Die bisher verwendeten Speichel- und Urinvortests können auch weiterhin benutzt werden.“ Denn die Entscheidungsgrenze bei diesen Vortests liege deutlich über dem Wert von 3,5 Nanogramm pro Milliliter Speichel oder Urin. „Das bedeutet, dass bei einem auf THC positiven Vortest die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass der entsprechende Grenzwert von 3,5 Nanogramm pro Milliliter im Blutserum überschritten ist.“

Man halte regelmäßig Fahrer an, die unter dem Einfluss berauschender Mittel stehen, so der Sprecher weiter. Wie sich die Fallzahlen seit der Teillegalisierung von Cannabis am 1. April verändert haben, könne man aber noch nicht sagen. Dies müsse über einen längeren Zeitraum beobachtet werden. „Eine eklatante Veränderung stellen wir aktuell aber nicht fest.“

Düsseldorfer Polizei will rund um Cannabis-Messe verstärkt kontrollieren

Auch mit dem neuen Grenzwert werde man weiter kontrollieren, versichert der Polizei-Sprecher. „Die Verkehrsteilnehmenden im Kreis Wesel müssen und mussten jeder Zeit mit einer anlassunabhängigen allgemeinen Verkehrskontrolle rechnen, bei denen auch auf Verdachtsmomente hinsichtlich des Konsums berauschender Mittel geachtet wird.“ Speziell bei Cannabisprodukten können dies ein trockener Mund, verlangsamte Reaktionen, verwaschene Sprache, gerötete Augen und erweiterte Pupillen sein.

Auch die Düsseldorfer Polizei erklärte auf Anfrage, dass es keine Unterschiede bei den Kontrollen vor und nach dem Grenzwert geben werde. Allerdings werde man anlässlich der Cannabis-Messe „Cannafair“ (23. bis 25 August in der Mitsubishi Electric Halle in Düsseldorf) verstärkt im Einsatz sein und entsprechende Kontrollen durchführen.

Bußgelder für überschreiten des Grenzwerts und für Doppelkonsum

Über neue Bestimmungen wurde schon länger diskutiert. Bisher galt die strikte Linie, dass schon beim reinen Nachweis von THC Konsequenzen drohen. Einen gesetzlichen Grenzwert gab es nicht, aber in der Rechtsprechung etablierte sich die Marke von 1 Nanogramm je Milliliter Blut. Die neue Schwelle folgt Empfehlungen einer Expertenkommission des Verkehrsministeriums, wonach ab dann eine sicherheitsrelevante Wirkung „nicht fernliegend“ ist.

Die Wirkungsweise von Cannabis ist anders als bei Alkohol. So ist ein „Herantasten“ an den THC-Grenzwert nicht möglich, wie es im Entwurf der Expertenkommission heißt. Die Wirkung tritt demnach am stärksten 20 bis 30 Minuten nach dem Konsum auf und klingt nach drei bis vier Stunden ab. Dabei falle bei Konsumenten, die höchstens einmal in der Woche kiffen, die THC-Konzentration in einigen Stunden ab. Bei häufigem Konsum könne sich THC im Körper anreichern und noch Tage bis Wochen im Blut nachweisbar sein. (mit dpa)