Düsseldorf. Die Unibibliothek Düsseldorf hat unzählige alte Presseerzeugnisse. Für ein NRW-weites Projekt wurden schon fast 17 Millionen Seiten gescannt.

Fast 140 Jahre ist die Zeitungsseite alt, die Restauratorin Anika Ringelkamp präsentiert. Eine Ausgabe des „Düsseldorfer Anzeigers“ von 1887. Zerbröselt und vergilbt ist das Papier, lesen kann die Seite niemand mehr. Damit es anderen historischen Zeitungen nicht ebenso ergeht, werden sie in der Unibibliothek (ULB) Düsseldorf restauriert und anschließend digitalisiert, um sie für die Nachwelt zu erhalten. Anlässlich der Nacht der Wissenschaft am 13. September stellt die Uni Düsseldorf den aktuellen Stand eines NRW-weiten Projekts vor, bei dem bis 2027 Millionen Zeitungsseiten in einem öffentlichen Portal für jeden zugänglich gemacht werden sollen.

Zeitungsausgaben aus fast 100 Jahren in einem Online-Portal

17 Millionen Zeitungsseiten sind bereits online im Portal „zeit.punkt NRW“ einsehbar. Seit 2017 läuft das Projekt, an dem die drei Universitäts- und Landesbibliotheken Düsseldorf, Münster und Bonn arbeiten. In drei Jahren sollen es 30 Millionen Seiten sein. „Das sind dann mehr als 2 Millionen Einzelausgaben von 1561 Zeitungstiteln aus 503 Zeitungsunternehmen“, erklärt Matthias Agethen vom Digitalisierungszentrum der Unibibliothek Düsseldorf.

Nacht der Wissenschaft 2024

Zum fünften Mal lädt die Universität Düsseldorf am 13. September, von 17 bis 24 Uhr zur Nacht der Wissenschaft. Am Schadowplatz und dem Haus der Universität in der Düsseldorfer Innenstadt können Besucher sich an zahlreichen Aktionsständen, in Vorträgen und Talkrunden zu den verschiedensten Forschungsfeldern informieren. Mehr als 55 Beiträge laden in dieser Nacht zum Mitmachen, Mitdenken und Mitdiskutieren ein. Der Eintritt ist frei. Bereits die letzten beiden Ausgaben der Nacht der Wissenschaft 2019 und 2022 sei ein Erfolg gewesen, teilt die Uni mit.

Bei „zeit.punkt NRW“ handele es sich um ein Massendigitalisierungsprojekt. „Das Ziel ist es, das gesamte Zeitungsarchivgut des Landes NRW von 1850 bis 1945 in einem Portal frei nutzbar zur Verfügung zu stellen.“ Neben den Beständen der Bbiliotheken kämen die Zeitungen unter anderem auch aus diversen Stadtarchiven. Beteiligt an dem Projekt sind zudem das Hochschulbibliothekszentrum des Landes NRW und der Landschaftsverband Rheinland (LVR) beteiligt. Gefördert wird es vom NRW-Kultur- und Wissenschaftsministerium.

Vor der Digitalisierung müssen Zeitungen restauriert werden

In der Unibibliothek Düsseldorf wird Archivgut mithilfe großer Scanner digitalisiert. „Da wird eine Zeitung darufgelegt und eingescannt. Das ist die Methode der Direktdigitalisierung“, sagt Agethen. Effizienter sei es vorhandene Mikrofilme zu digitalisieren, da große Teile des Archivguts schon vor einigen Jahrzehnten auf Mikrofilm festgehalten wurden. „Die Qualität ist nur minimal schlechter und so kann man die Seiten gut in ein solches Massendigitalisierungsprojekt einbringen.“ Allerdings sei man dafür auf Dienstleister angewiesen, da die ULB Düsseldorf selbst keine Mikrofilmscanner habe.

Im Digitalisierungszentrum der ULB Düsseldorf wird Archivgut gescannt und somit digital verfügbar gemacht.
Im Digitalisierungszentrum der ULB Düsseldorf wird Archivgut gescannt und somit digital verfügbar gemacht. © NRZ | Tobias Kaluza

Doch bevor die alten Zeitungen im Digitalisierungszentrum landen, müssen sie teilweise restauriert werden. Das passiert im Untergeschoss der ULB in der Werkstatt von Anika Ringelkamp. Denn das Problem mit dem alten Papier: Es ist nach vielen Jahrzehnten sehr sensibel. „Im 19. Jahrhundert wurde Zeitungspapier aus sehr grobem Holz gemacht. Es war von schlechterer Qualität und hatte einen hohen Anteil des Stoffes Lignin“, erklärt die Restauratorin. Dieser führe dazu, dass das Papier immer saurer werde. Die Folge: Es wird gelblich und brüchig.

Säure muss aus dem Papier herausgewaschen werden

So wie die Ausgabe des „Düsseldorfer Anzeigers“ von 1887, die Ringelkamp auf ihrem Werktisch liegen hat. Größere Stücke und kleine Fetzen haben sich abgelöst, das Papier scheint vor den Augen des Betrachters zu zerfallen. „Das ist ein typischer Säureschaden für eine Zeitung aus dieser Zeit“, sagt sie und zeigt zum Vergleich eine ähnlich alte Ausgabe derselben Zeitung, die in besserem Zustand ist. Wie stark ein Archivgut beschädigt wird, hänge oft auch von der Nutzung und der Art der Lagerung ab. Damit die besser erhaltene Ausgabe nicht ebenfalls als kaum zu rettendes Puzzle endet, wird sie restauriert, damit sie später digitalisiert werden kann.

Kaum zu retten: Diese Zeitungsseite von 1887 ist zerfallen.
Kaum zu retten: Diese Zeitungsseite von 1887 ist zerfallen. © NRZ | Tobias Kaluza

Dafür muss bei jeder Seite einzeln die Säure aus dem Papier gewaschen werden. Dann wird sie getrocknet und in Japanpapier umhüllt. Letzteres ist ein hauchdünnes, durchscheinendes Papier, das das Originalpapier schützt und zusammenhält. Das Wasser schade dabei nicht der Druckerschwärze, versichert die Restauratorin. „Früher wurde die Druckerschwärze ohnehin auf Ölbasis gemacht. Und selbst bei Handschriften sagt man, dass sie nach etwa 100 Jahren wasserfest sind.“ An einer kleinen Probe sollte man dies aber lieber testen, bevor man die ganze Seite wässert, fügt sie hinzu.

Zeit kaufen, um Archivgut digitalisieren zu können

Bei mehreren tausend Bänden von regionalen Zeitungen könne die Restaurationsabteilung der ULB Düsseldorf aber gar nicht alles selbst schaffen. Um das Archivgut für das Portal „zeit.punkt NRW“ digitalisieren zu können, müsse man auch hier auf externe Dienstleister zurückgreifen: „Man kann sich Zeit kaufen, indem man die Bücher entsäuert. Bei einem Unternehmen, das sowas anbietet, kommen die Zeitungsbände in große Stahltanks, in denen die Säure vorübergehend neutralisiert wird“, sagt Ringelkamp. Damit können sich die Restauratoren einige Jahre erkaufen, bis die Säure wieder beginnt, das Papier zu zersetzen und der Wettlauf gegen die Zeit weitergeht.

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