Essen. Ungarns Ministerpräsident mimt den Friedensvermittler, tritt aber als Sprachrohr des Kreml-Herrschers auf.
Viktor Orbán hat eine bemerkenswerte Reise absolviert. Kiew, Moskau, Peking, Mar-a-Lago. Selenskyj, Putin, Xi, Trump. Der ungarische Ministerpräsident hat sie auf diesem Trip, den er als „Friedensmission“ bezeichnete, alle getroffen. In der EU weitgehend isoliert, auf der großen Weltbühne ein Gesprächspartner, der Fäden zwischen geopolitischen Kontrahenten spinnt. Das wird seinem Selbstbild geschmeichelt haben.
Natürlich muss es mittel- bis langfristig Perspektiven für eine friedliche Lösung des blutigen Ringens in der Ukraine geben. Jedoch ist Orbán eben nicht der neutrale Vermittler, als der er sich präsentiert.
Das zeigt die Wortwahl in seinem Brief an EU-Ratspräsident Charles Michel, in dem er die „Pro-Kriegs-Politik“ der USA kritisiert, auf einen womöglich künftigen US-Präsidenten Trump als Friedensvermittler setzt, aber nicht auf die Idee kommt, die russische Invasion der Ukraine als das zu bezeichnen, was sie ist: ein völkerrechtswidriger, vulgo verbrecherischer Angriffskrieg.
Es ist Putin, der für Frieden sorgen kann, indem er seine Truppen aus der Ukraine abzieht und somit die territoriale Integrität des Landes wiederherstellt. Was selbstverständlich ist, fordert der ungarische Ministerpräsident allerdings nicht ein.
Ein guter Vermittler sollte einen. Orbán macht das Gegenteil. Seine Reise, die er nach der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft antrat, war eine ohne Mandat der EU. Es war ein Ego-Trip, der Irritationen ausgelöst hat, auf harsche Kritik gestoßen ist und die Risse im Fundament der Europäischen Union weiter vertieft. Diese Reise hat vor allem einem gedient: dem Gewaltherrscher im Kreml.
Orbán muss sich einmal mehr den Vorwurf gefallen lassen, er sei nicht viel mehr als der verlängerte Arm und das Sprachrohr Putins in der Union. Dem Frieden wird das nicht dienen.