Essen. Die Union will Ukrainern das Bürgergeld streichen, die SPD Straftäter nach Afghanistan abschieben. Umsetzung? Fraglich.
Bei der Tagung der Innenminister (IMK) sitzt in Potsdam ein unsichtbarer Teilnehmer mit am Konferenztisch: die Angst vor dem Erstarken der AfD. Sie ist der Grund dafür, warum über Vorschläge beraten wird, die populistisch sind, aber wenig Aussicht auf Erfolg haben. Die Union will das Bürgergeld für Ukrainer streichen und ihnen stattdessen Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz zahlen, die SPD will straffällig gewordene Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien in ihre Heimat abschieben.
Das sind Maßnahmen, die von Rechtsaußen seit langem gefordert werden. Aber: Die Aufnahme der ukrainischen Kriegsflüchtlinge erfolgt nach den Vorgaben der Massenzustrom-Richtlinie, die von allen EU-Ländern 2022 erstmals aktiviert und bis 2026 verlängert wurde. Danach müssen Ukrainer die Sozialleistungen des Landes erhalten, in das sie geflohen sind, und keine Asylverfahren durchlaufen.
Wie das geändert werden soll, ohne EU-Recht und auf EU-Ebene mit deutscher Zustimmung getroffene Vereinbarungen zu verletzen, ist fraglich. Zudem: Die Asylleistungen sind monatlich nur rund 100 Euro weniger als das Bürgergeld. Warum bei einer Umstellung weniger wehrpflichtige Ukrainer kommen sollten, die nicht kämpfen wollen, erschließt sich nicht.
Schon vor vier Jahren hat die IMK den generellen Abschiebestopp nach Syrien aufgehoben. Seitdem ist nicht ein einziger Syrer in die Heimat abgeschoben worden – weil Deutschland keine diplomatischen Beziehungen zu dem Assad-Regime hat. Auch zum De-facto-Regime der Taliban gibt es keine solchen Beziehungen.
Die Öffnung diplomatischer Kanäle nach Kabul wäre Voraussetzung für Abschiebungen und zugleich wichtig, um das notleidende afghanische Volk besser unterstützen zu können – aber die Grünen müssten ihre „feministische Außenpolitik“ beerdigen. Wie das ohne Regierungskrach geschehen soll – ebenfalls fraglich.