Essen. Politiker, die Straftäter nach Afghanistan oder Syrien abschieben wollen, erhalten Beifall. Es ist aber realitätsfern.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigt Härte. Er will Straftäter nach Afghanistan und Syrien abschieben lassen. „Es empört mich, wenn jemand schwerste Straftaten begeht, der hier bei uns Schutz gesucht hat“, hat Scholz im Bundestag gesagt. Das suggeriert eine Entschlossenheit, die den Nerv vieler Wählerinnen und Wähler trifft. Nach der Mannheimer Terrorattacke, bei der ein afghanischer Flüchtling einen islamfeindlichen Politiker angriff und einen Polizisten ermordete, musste die Politik reagieren.
Das Problem: Die Forderung nach der Abschiebung von Verbrechern nach Afghanistan oder Syrien ist erfahrungsgemäß folgenloser Populismus. Das größte Hindernis für Abschiebungen in diese beiden Länder ist nicht, dass den Abgeschobenen dort Gefahr droht. Das größte Hindernis ist, dass Deutschland die De-facto-Regierung der Taliban nicht anerkennt und dem Assad-Regime im Jahr 2011 die Legitimität abgesprochen hat.
Vor vier Jahren nannte der heutige Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), damals Innenminister von Niedersachsen, die Forderung der CDU nach der Abschiebung von Straftätern nach Syrien realitätsfern, weil die Bundesregierung keine diplomatischen Beziehungen zu Damaskus unterhalte. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Seit 2020 ist der generelle Abschiebestopp für Flüchtlinge aus Syrien ausgelaufen. Abgeschoben wurde bislang nicht ein einziger.
Wenn der Bundesregierung jetzt also keine diplomatischen Verrenkungen gelingen, die die beiden Regime deutlich aufwerten, werden auch die neuen beifallheischenden Forderungen ins Leere laufen. Das Schlimmste, was Politik tun kann, ist, große Erwartungen zu wecken, aber nicht liefern zu können. Populismus mag einige Wählerstimmen bringen. Langfristig läuft die Bundesregierung aber Gefahr, weiteres Vertrauen zu verspielen.