Essen. Wer EU-Errungenschaften nicht zum Besseren reformieren, sondern sie zerstören will, riskiert wirtschaftlichen Niedergang

Nach 1945 hätte wohl kaum ein Mensch in Europa sich eine Gemeinschaft derjenigen vorstellen können, die sich in den Jahrzehnten zuvor so erbittert bekämpft hatten. Und doch ist das damals Unvorstellbare geschehen: Europa ist zusammengewachsen. Grenzen sind überwunden. Aus Feinden sind Freunde geworden. Deutschland als Exportnation hat wie kaum ein anderes Land von der Europäischen Union profitiert.

Es ist natürlich nicht alles Gold was glänzt: Die Brüsseler Bürokratie wird nicht von ungefähr als monströs empfunden, allzu oft verhindert knüppeldicker nationaler Egoismus Solidarität bei elementaren Fragen, etwa in der Migrationspolitik. Dennoch ist die EU aller Unkenrufe zum Trotz eine Erfolgsgeschichte. Viele Briten weinen bittere Tränen in ihren Tee, weil ihr Land die Gemeinschaft verlassen hat und jetzt schlechter dasteht als je zuvor.

Angesichts der globalen Herausforderungen braucht es eigentlich noch viel mehr Europa, vor allem in außen- und sicherheitspolitischen Fragen. Jedoch sind europaweit jene auf dem Vormarsch, die die Uhren zurückdrehen wollen.

Die AfD wird aktuell in Umfragen auf etwa 15 Prozent taxiert. Ihr Spitzenkandidat für die Europawahl am 9. Juni ist ein Mann, der aus seiner Bewunderung für autokratische Systeme wie dem chinesischen und seiner Verachtung für die EU keinen Hehl macht und „ein Primat des Staates auch in der Wirtschaft“ fordert.

Es überrascht nicht, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften davor warnen, diese Partei zu wählen, die selbst den Rechtsaußenparteien im Europaparlament zu extrem ist. Wer im Jahr 2024 die europäischen Errungenschaften nicht zum Besseren reformieren, sondern sie zerstören will, nimmt wirtschaftlichen Niedergang in Kauf. Das ist zwar eine Alternative. Aber keine gute.