Düsseldorf. Der Sozialverband VdK warnt angesichts steigender Lebenshaltungskosten vor einer zunehmenden Armut. Dies sind seine Forderungen an die Politik.
Die steigende Inflation, die Gewissheit, dass Heizen teurer wird, aber die Ungewissheit, wie hoch die nächste Nebenkostenabrechnung ausfallen wird, dazu die Ankündigung, dass auch Aldi und die Supermärkte ihre Preise deutlich erhöhen – die Telefone beim Sozialverband VdK stehen nicht mehr still. „Wir bekommen viele Anrufe, Mails und auch über Facebook Anfragen. Viele Rentner, aber nicht nur die älteren Menschen, auch viele Arbeitnehmer, Familien, die 2500 Euro im Monat zur Verfügung haben, finden es unverschämt, dass es für sie keine Entlastung gibt oder die Entlastung pauschal an alle und damit auch an die Besserverdiener ausgezahlt werden“, sagt Horst Vöge, Vorsitzender des VdK in NRW. „Warum tut ihr nichts?“
Diese Frage hören Horst Vöge und die Mitarbeiter des Verbandes in diesen Tagen oft. „Wir tuen etwas“, betont Horst Vöge. Der Niederrheiner wird nicht müde an die Politikerinnen und Politiker zu appellieren, „die Armut und gesellschaftliche Schieflage zu bekämpfen.“ Am Dienstag demonstrierte der VdK vor dem Landtag.
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Wenige Wochen vor der NRW-Wahl fasste der Sozialverband seine Forderungen auf überlebensgroßen Pappaufstellern zusammen. Eine ungewöhnliche Demonstration. Eigentlich war eine Kundgebung geplant, zu der viele VdK-Mitglieder kommen sollten, um den Forderungen Nachdruck zu verleihen. „Pandemiebedingt verzichteten wird aber darauf“, erklärte Vöge.
Wahrgenommen wurde die Aktion aber auch so – zumindest von einigen Politikern. Drei sind aus dem Parlamentsgebäude rausgekommen für einen kurzes Gespräch. SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty und Lisa-Kristin Kapteinat, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Landtag, schauten sich die Slogans wie „Armut bekämpfen, Prävention verbessern“ oder Inklusive Teilhabe verwirklichen“, „Gesundheit schützen – Klimawandel stoppen“ und „Menschwürdige Pflege sicherstellen“ an.
Und auch Stefan Lenzen, FDP-Fraktionssprecher für die Bereiche Arbeit und Soziales, vertiefte sich in ein Gespräch mit Thomas Zander, Geschäftsführer des VdK in NRW über die Digitalisierung im Alltag und ihren Nutzen für ältere Menschen. Thomas Zander wies allerdings auch darauf hin, „dass viele ältere Menschen durch die Digitalisierung auch abgehängt werden.“ Auch dies habe die Coronazeit gezeigt.
Kutschaty und Vöge blieben schnell beim Thema Gesundheit hängen. Die zwei Pandemiejahre hätten eine längst überfällige Kurskorrektur im Gesundheitswesen aufgezeigt: „Anstelle von Profitstreben muss der Mensch im Mittelpunkt stehen“, ist Horst Vöge überzeugt und bekommt Zustimmung von Thomas Kutschaty. Horst Vöge sprach an, wie schwierig es für viele Menschen mittlerweile ist, einen Hausarzt in der Nähe zu finden: „Für viele Menschen auf dem Land wird es immer schwieriger zu Ärzten zu kommen, wenn sie nicht mobil sind.“
Und selbst in Städten wie Duisburg gebe es Probleme. „Suchen sie mal einen Kinderarzt im Norden der Stadt. Da finden sie einen in Marxloh“, so Vöge. Ja, diese Situation kenne er auch aus Essen, seiner Heimatstadt, so Thomas Kutschaty. Doch gerade vor dem Hintergrund des Klimawandel, „durch den gesundheitlichen Probleme sicherlich noch zunehmen werden“, so Horst Vöge, müsse es eine flächendeckende Versorgung geben.
Sozialverband fordert eine regelmäßige Anpassung des Wohngeldes
Das Gleiche gelte auch für Plätze zur Tages- und Kurzzeitpflege, „an denen es in NRW mangelt“, so Vöge.
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Angehörige, die sich zu Hause um Familienmitglieder kümmern, „sind ebenso systemrelevant wie professionelle Fachkräfte. Sie haben mehr Unterstützung und Anerkennung verdient.“
Die Wochen vor Parlamentswahlen sind für den Sozialverband immer eine gute Gelegenheit, um mit Politikern ins Gespräch zu kommen. Immerhin gehören dem VdK in NRW rund 400.000 Mitglieder an. Tendenz seit Jahren steigend. Horst Vöge betonte deshalb gestern noch einmal: „Die Zahl von Frauen, Alleinerziehenden, Rentnerinnen und Rentnern, Menschen mit Behinderung oder Migrationshintergrund, die auf staatliche Leistungen angewiesen sind, nimmt hierzulande seit 2005 stetig zu.“ Hinzu komme nun die steigende Ungleichheit bei der Einkommensentwicklung und die „explodierenden Lebenshaltungskosten.“ Damit die Menschen überhaupt noch ihre Miete bezahlen können, müsse das Wohngeld regelmäßig angepasst und der barrierefreie soziale Wohnungsbau vorangetrieben werden.
Nicht zu verstehen sei, dass Sonderzahlungen wie die Energiepauschale von 300 Euro „nach dem Gießkannenprinzip ausgeschüttet werden“, so Horst Vöge, „und die Rentner leer ausgehen. Das geht nicht.“