An Rhein und Ruhr. Wird das NRW-Schulministerium die Maskenpflicht im Unterricht beenden? Lehrer stehen zwischen gesundheitlichen und pädagogischen Erwägungen.
In der Grundschule „Am Weyer“ in Dinslaken hat die Woche nach den Herbstferien aufgeregt begonnen. 40 der 190 Schüler mussten nach Hause geschickt werden, nachdem in zwei sogenannten Corona-Pool-Tests positive Proben entdeckt worden waren. Jetzt befinden sich die Kinder in Quarantäne und warten auf ihre individuellen Testergebnisse. Am Donnerstag will das Landesschulministerium nun vielleicht die Maskenpflicht aufheben, und angesichts der Positiv-Tests weiß Schulleiter Christof Schraven nicht, ob das eine wirklich gute Idee ist.
In den vergangenen Tagen ist kontrovers diskutiert worden, ob in den Schulen an Rhein und Ruhr ab der nächsten Woche keine Masken im Unterricht mehr getragen werden sollen, so wie es Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) in Aussicht gestellt hat. Die Lehrergewerkschaft GEW hatte sich angesichts der geringen Impfquote unter Schülern und steigenden Infektionszahlen strikt dagegen ausgesprochen, die Landeselternschaft der Gymnasien begrüßte das Vorhaben, die Ärzteschaft ist skeptisch.
Zahlen steigen wieder an - „Masken verursachen keinen Schaden“
Rudolf Henke, der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, tendiert beim Für und Wider eher dazu, an der Maskenpflicht festzuhalten. „Die Masken verursachen keinen Schaden, die Schüler haben sich an sie gewöhnt. Warum sollte man also auf sie verzichten?“, sagte er der NRZ. Er räumt andererseits ein, dass die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit schweren Krankheitsverläufen vergleichsweise gering ist, meistens seien nur die mit Vorerkrankungen betroffen.
Derzeit steigt die Zahl der Corona-Infektionen in NRW wieder. Aktuell liegt die Inzidenz, also die Zahl der positiv Getesteten je 100.000 Menschen, bei den 0- bis 19-Jährigen bei rund 83, vor einer Woche lag sie bei etwa 60. Kein Vergleich aber zu der Zeit nach den Sommerferien, als die Inzidenz in dieser Altersgruppe auf fast 300 kletterte. Gleichzeitig ist und bleibt der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die wegen einer Corona-Erkrankung stationär im Krankenhaus behandelt werden müssen, vergleichsweise gering.
Positive Corona-Tests machen Dinslakener Schulleiter nachdenklich
Im Essener Uni-Klinikum, wo die mit Abstand meisten Corona-Patienten in NRW aufgenommen werden, lag seit Anfang Juli der Anteil der unter zwölfjährigen Patienten bei 6,4 Prozent, derjenigen zwischen zwölf und 17 bei 3,9 Prozent, wie ein Sprecher des Klinikums auf Anfrage mitteilte.
Schulleiter wie der Dinslakener Christof Schraven sind hin- und hergerissen. „In meiner Brust schlagen ein Gesundheitsherz und ein Pädagogenherz“, sagt er. Natürlich wären alle froh, endlich wieder „ohne Maske lehren und lernen zu können, das wäre eine Erleichterung“, jedoch haben ihn auch die positiven Tests in seiner Schule nachdenklich gemacht. „Vor den Ferien hatten wir sechs oder sieben Wochen lang nur negative Testergebnisse.“
An der Gocher Gesamtschule Mittelkreis mit ihren 1150 Schülern ist der Kelch nach den Ferien bislang vorbeigegangen. Schulleiterin Karin Teetzmann klingt wohl auch deswegen entspannt. „Wir machen das, was als Maßgabe vom Ministerium gefordert wird.“ Allerdings sagt auch sie: „Aus pädagogischer Sicht ist eine Unterrichtsgestaltung ohne Masken problemloser. Die nonverbale Kommunikation ist mit ihnen einfach schwierig.“
Gymnasium in Essen-Werden: Viele Oberstufenschüler bereits geimpft
Im Kollegium am Gymnasium in Essen-Werden gehen die Meinungen zur Maskenpflicht auseinander, berichtet Schulleiterin Felicitas Schönau. Einige der Lehrerinnen und Lehrer hielten es für verfrüht, ausgerechnet im Herbst die Maskenpflicht aufzuheben, andere würden sich freuen, endlich wieder die Gesichter ihrer Schülerinnen und Schüler im Unterricht zu sehen. Für eine Aufhebung der Maskenpflicht spricht am Werdener Gymnasium, dass bereits viele Schüler geimpft sind. In der Oberstufe schätzt Schönau den Anteil der Geimpften auf 80 Prozent.
„Es gibt jetzt bei uns Überlegungen, das Tragen der Maske zu empfehlen“, berichtet Schönau. Immerhin hätten die Masken jenseits des Schutzes vor einer Corona-Infektion einen weiteren Vorteil: Im vergangenen Herbst und Winter gab es so gut wie keine Kinder und Jugendlichen, die wegen einer Erkältung zu Hause blieben. „Der Krankenstand war gleich Null.“