An Rhein und Ruhr. Firmen müssen ressourcenschonender produzieren, so Dr. Jahns von der Effizienz-Agentur NRW. Doch nicht nur die Hersteller seien in der Pflicht.

Die Effizienz-Agentur NRW unterstützt seit über zwei Jahrzehnten produzierende Unternehmen in Nordrhein-Westfalen bei der Senkung des Material- und Energiebedarfs. Das Ziel: weniger Ressourcenverbrauch, geringere Kosten, mehr Umweltschutz. Redakteur Dennis Freikamp hat mit Leiter Dr. Peter Jahns über die Chancen und Herausforderungen einer ressourcensparenden Wirtschaft sowie die Auswirkungen der Pandemie gesprochen.

Ihre Agentur wurde 1998 gegründet. Inwieweit war Nachhaltigkeit damals schon ein Thema?

Bereits seit den 70er Jahren hat die Industrie mithilfe von Klärwerken und Müllverbrennungsanlagen versucht, die Umweltbelastung zu reduzieren. In den 90ern kam dann die Idee des „produktionsintegrierten Umweltschutzes“ hinzu. Das bedeutet, dass die Unternehmen nicht erst am Ende des Herstellungsprozesses ansetzen, sondern schon während der Produktion darauf achten, den Ressourcenverbrauch zu senken.

Wie überzeugen Sie Firmen davon, nachhaltiger zu wirtschaften?

Als wir damals gestartet sind, war für viele Unternehmen weniger der Klima- sondern viel mehr der wirtschaftliche Aspekt interessant. Denn je ressourcen- und energieeffizienter eine Firma produziert, desto geringer sind die Material- oder Entsorgungskosten. Wir zeigen den Unternehmen deshalb während unserer Beratungsgespräche gezielt auf, wie sie durch Ressourceneffizienz Geld einsparen können. Heute spielt der Umweltschutzgedanke eine immer wichtigere Rolle. Firmen planen mit ihrer Belegschaft Klimaprojekte und versuchen zum Beispiel, eine festgelegte Menge CO2 einzusparen.

Wo sehen Sie das größte Verbesserungspotenzial?

Auch interessant

Unsere Ressourceneffizienz-Beratungen, die wir in Kooperation mit freien Beratern durchführen, zeigen, dass in jeder Firma im produzierenden Gewerbe Einsparpotenziale bestehen. Interessant dabei ist, dass mit durchschnittlich 42 Prozent die Materialkosten bereits heute im produzierenden Gewerbe den mit Abstand größten Kostenblock darstellen – die Energiekosten machen hingegen nur fünf bis zehn Prozent der Kosten aus. Trotzdem wird viel häufiger über den Energie- statt über den Materialverbrauch diskutiert. Die Reduktion von Rohstoffmengen ist ein zentraler Faktor für nachhaltiges Wirtschaften.

Wie hat Corona die Sichtweise der Firmen verändert?

Die Pandemie hat bei vielen Firmen in NRW zunächst zu einer Schockstarre geführt. Gleichzeitig haben die unterbrochenen Lieferketten aber auch die Abhängigkeit von bestimmten Materialien vor Augen geführt. Viele Unternehmen haben in der Krise gemerkt, wie wichtig eine ressourcensparende Produktion ist. Die Nachfrage nach Förder- und Finanzierungsprogrammen zur Senkung des Rohstoff- und Energiebedarfs hat sich im Vergleich zu den Jahren vor Corona verdoppelt.

Ihre Agentur fördert „zirkuläres Wirtschaften“. Was heißt das?

Firmen wirtschaften heutzutage immer noch überwiegend linear: Ein Produkt wird hergestellt, in den Handel gebracht und danach entsorgt. Uns geht es jedoch um die Zukunftsfähigkeit einer grünen Wirtschaft in NRW. Das heißt, dass nicht nur der Herstellungsprozess optimiert werden muss, sondern auch die Produkte selbst. Firmen müssen versuchen, dass ihre Produkte, bevor sie im Müll landen, so lange wie möglich im technischen Kreislauf gehalten werden.

Können Sie das anhand eines Beispiels erklären?

Auch interessant

Handys müssten so gebaut werden, dass bei einem technischen Defekt nur die Chipkarte ausgetauscht und nicht gleich das komplette Produkt inklusive Gehäuse entsorgt werden muss. T-Shirts dürfen nicht nach drei bis vier Waschgängen ihre Form verlieren und müssten zum Hersteller zurückgebracht werden können, damit aus den alten Textilfasern neue Fasern gewonnen werden. Auch bei Möbeln stellt sich die Frage, wie sie umgestaltet oder nach dem Erstgebrauch anderweitig genutzt werden können. Dabei sind aber nicht nur die Firmen, sondern auch die Kunden gefragt.

Wie meinen Sie das?

Jeder Akteur, vom Hersteller über den Handel und den Konsumenten bis zum Sammler oder Recycler, muss einen Beitrag im Rahmen seiner Möglichkeiten leisten, um schließlich das Gesamtkonzept einer zirkulären Wirtschaft zu ermöglichen. Beispielsweise müssen Produkte schon so gestaltet werden, dass ihr Weiterleben sozusagen schon bei der Entwicklung berücksichtigt wird. Es handelt sich somit nicht um eine Methode, sondern um ein strategisches Dach, eine Art Gesellschaftsvertrag. Die Frage lautet: Wie wollen wir konsumieren, um unserer Verantwortung für eine lebenswerte Umwelt den kommenden Generationen gegenüber gerecht zu werden?

>>> Das macht die Effizienz-Agentur NRW

Die Effizienz-Agentur NRW wurde 1998 im Auftrag des NRW-Umweltministeriums gegründet. Sie berät Firmen bei der Planung und Finanzierung von ressourcenschonenden Maßnahmen und bietet Schulungen und Workshops. Bei der Erstellung von Ressourceneffizienz-Analysen greift die EFA auf externe Berater zurück, deren Kosten aktuell zu 70 Prozent vom Land NRW übernommen werden.

Jährlich führt die EFA rund 250 Projekte und etwa 200 Veranstaltungen, Schulungen und Workshops durch. Weitere Informationen gibt es unter www.ressourceneffizienz.de.