An Rhein und Ruhr. Mit vielen Aktionen startet die Redaktion in dieses ganz besondere Jubiläumsjahr. Online gibt es einen Zeitstrahl mit besonderen Geschichten.

Ist Ihnen zum Feiern zumute? Ist uns zum Feiern zumute? Es gibt ja ein paar Gründe, darüber nachzudenken, bevor man die Antwort gibt. 75 Jahre alt wird die NRZ in diesem Jahr. Am 2. Januar wollten wir eigentlich an dieser Stelle unser Programm für dieses ganz besondere Jahr unserer Geschichte einläuten – und wollten direkt eine erste spektakuläre Aktion ankündigen: Jacques Tilly, der berühmte Wagenbauer aus Düsseldorf, und unser Karikaturist Thomas Plaßmann wollten einen Karnevalswagen entwerfen, bauen und am Rosenmontag durch die Landeshauptstadt rollen lassen – mit vielen Leserinnen und Lesern an Bord...

Die Idee haben wir auf Eis gelegt. Corona – das Land befindet sich im Krisenmodus. Und dann wurde der Verlag kurz vor Weihnachten auch noch das Ziel von Computerhackern. Tagelang erschien die NRZ mit Notausgaben. Sind wir also in Feierlaune? Aber ja!

NRZ-Gründer Oppenberg saß drei Jahre in Haft

Ein Blick in die Geschichte: Was ist die Coronakrise im Vergleich zu jener Krise, die die Menschen in der Gründungsphase der NRZ schüttelte?! Am 11. März 1945 hatten 1050 britische Bomber 5500 Tonnen Spreng- und Brandbomben über der Essener Innenstadt abgeworfen. Auch ein Zeitungsdruckhaus nahe der Krupp-Fabrik wurde getroffen. Ein Zeitzeuge: „Auf der Straße lagen die Leichen der Menschen, die beim Angriff umgekommen waren, verpackt zu Paketen in grobem Papier.“

Dietrich Oppenberg, der Gründer der NRZ, war damals 28 Jahre alt. Er hatte eine jüdische Großmutter und sozialdemokratische Eltern, saß drei Jahre in Haft, weil er einer Widerstandsgruppe angehört hatte, und arbeitete im Jahr 1945 in jenem Verlagsgebäude, das dann kurz vor Kriegsende im Bombenhagel stark beschädigt wurde.

Am Anfang stand eine demokratische Wahl

Ein Foto aus den späten 40er Jahren: Dietrich Oppenberg an seinem Schreibtisch.
Ein Foto aus den späten 40er Jahren: Dietrich Oppenberg an seinem Schreibtisch. © nrz-archiv | Unbekannt

Am 16. April, drei Wochen vor der Kapitulation, wählten die überlebenden Mitarbeiter des alten Zeitungshauses Dietrich Oppenberg zu ihrem Sprecher. Er sollte sie in eine damals sehr ungewisse Zukunft führen. Der Historiker Sebastian Sasse schreibt in dem Buch „Mit Profil für die Region – 70 Jahre NRZ“: „So begann die Geschichte der NRZ mit einem demokratischen Akt, mit einer Wahl. Zwar konnte damals noch niemand ahnen, dass es einmal eine Zeitung unter diesem Namen geben würde. Aber eines ist sicher, ohne diese Entscheidung der Betriebsgemeinschaft, sich nicht zerstreuen zu lassen, hätte es die Entwicklung hin zur Zeitungsgründung nie gegeben.“

Dietrich Oppenberg beantragte bei den Siegermächten eine Lizenz zur Gründung einer neuen Zeitung. Als Mann, der von den Nazis verfolgt wurde, als Deutscher mit weißer Weste und als engagierter Sozialdemokrat erhielt er zusammen mit drei Weggefährten die Erlaubnis, eine Zeitung herauszugeben. Am 16. Juli 1946 erschien dann erstmals eine NRZ. Dietrich Oppenberg war ihr Herausgeber – und blieb es bis zu seinem Tod im Jahr 2000.

Am 16. Juli 2021 werden wir daran denken. Und wir wollen dann feiern, zusammen mit vielen Leserinnen und Lesern, hoffentlich dann alle geimpft, bei einem fröhlichen Abend mit vielen Programmpunkten im Theater Ebertbad in Oberhausen. Wir werden rechtzeitig dazu einladen.

Lesen als Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe

Auch wenn wir so manche geplante Aktion wegen Corona verwerfen mussten, haben wir andere ins Programm genommen. Über allem steht das Motto „75 Jahre NRZ – Wir feiern das Lesen“. Dazu wird eine Serie in der Zeitung starten. Wir erzählen, wie wichtig die Fähigkeit des Lesens zur Teilhabe in der Gesellschaft ist. Wir besuchen besondere Lese-Orte, pfiffige Buchhändler und Bibliotheken und stellen Menschen vor, die sich für die Leseförderung engagieren. Dazu wird es, in Zusammenarbeit mit der Essener Freddy-Fischer-Stiftung, auch einen Ehrenamtspreis geben. Außerdem werden alle Kolleginnen und Kollegen, von A bis Z, in der NRZ von ihren ganz besonderen Leseerlebnissen berichten.

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In 75 Jahren hat sich die NRZ immer wieder verändert. Längst sind wir auch digital, viele Menschen lesen die Zeitung inzwischen auf Tablet-Computern oder auf dem Smartphone. Die NRZ hat den Auftrag der Leserinnen und Leser früh verstanden. Wir schreiben Artikel – und unsere Abonnenten können selbst entscheiden, in welcher Form sie die NRZ lesen wollen. Und darum setzen wir in unserem Jubiläumsjahr besondere digitale Schwerpunkte.

Noch im ersten Halbjahr gibt es ein besonderes Geschenk an unsere Abonnenten, ermöglicht durch das Engagement von NRZ-Herausgeber Heinrich Meyer. Alle Zeitungsseiten, angefangen vom 1. Juli 1946, wurden einzeln eingescannt. Ein riesiger Aufwand! Sie stehen dann unseren Abonnenten in einem digitalen Archiv kostenlos zum Durchblättern zur Verfügung – zunächst mit dem Lokalteil aus Essen. Schon fast zwei Jahre wird daran gearbeitet. Wir werden Sie ausführlich informieren, wenn das Archiv komplett gefüllt ist.

Eine spannende Reise durch die Geschichte

Schon heute starten wir mit einem anderen ehrgeizigen Projekt: dem NRZ-Zeitstrahl. Wir nehmen Sie im Internet – und immer wieder auch in der gedruckten Zeitung – mit auf eine Reise durch die Jahrzehnte. Wir stellen 75 Ereignisse aus 75 Jahren vor, die die Region bewegten: große Politik, großer Sport, große Sorgen des Alltags. Eine Erinnerung in Artikeln und historischen Zeitungsseiten, ergänzt um Bildergalerien, Videos und Podcasts – und um die Geschichte der NRZ.

Die Reihe wird laufend, Woche um Woche, um ein Jahr erweitert. Die ersten 27 Jahre des Zeitstrahls, von 1946 bis 1972, gehen heute online. Lesen Sie dazu auch die Seiten „Mittendrin“ im Wochenend-Teil.

Wir würden uns freuen, liebe Leserinnen und Leser, wenn Sie in diesem Jahr mit uns feiern – in welcher Form auch immer. Vielleicht können wir uns im Laufe des Jahres auch wieder direkt begegnen – vielleicht bei einem Besuch in den Redaktionen, vielleicht beim Wandertag am Baldeneysee, vielleicht beim Radwandertag am Niederrhein, vielleicht am 16. Juli im Theater Ebertbad in Oberhausen. Wir sind vorsichtig. Wir bleiben optimistisch.

Wir sind angemessen stolz auf unsere Geschichte und gestalten mit Zuversicht das, was kommt.

Und wir feiern das Lesen!