An Rhein, Emscher und Lippe. Bis Januar soll eine Machbarkeitsstudie verschiedene Szenarien erörtern. Darunter auch eine direkte Anbindung nach Wesel mit Brückenneubau.

Auf der langen Strecke zur Wiedereröffnung der Walsum-Bahn sind die beteiligten Kommunen und der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr gestern wieder ein kleines Stückchen weitergekommen. Im Rathaus Oberhausen, nur einen Steinwurf vom ehemaligen Ausgangspunkt der Strecke entfernt, wurde gestern das Abfahrtssignal zur Machbarkeitsstudie gegeben. „Ein aktiver Beitrag zur Verkehrswende, ein Beitrag zum Klimaschutz, ein Beitrag zur städteübergreifenden Zusammenarbeit im Ruhrgebiet“, lobt Gastgeber Daniel Schranz, Oberhausens CDU-Oberbürgermeister, das Projekt.

Für 100.000 Euro, von denen der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr eine Hälfte übernimmt, soll bis Anfang 2021 geklärt werden, was auf der Strecke verkehrlich möglich ist und welches Fahrgastpotenzial die vor knapp vier Jahrzehnten stillgelegte Strecke bietet. Untersucht werden, so die Verantwortlichen, verschiedene Szenarien – und eine grobe Kostenkalkulation.

Ab 25 Millionen muss eine aufwändige Kosten-Nutzen-Analyse her

Klar ist eigentlich nur die Mitte - zwischen Oberhausen und Walsum fuhren zuletzt 1983 Personenzüge. Die Gleise führen noch weiter nach Norden bis Friedrichsfeld, für eine Anbindung nach Wesel ist eine neue Brücke erforderlich. Und ob es hinter Oberhausen Richtung Duisburg/Düsseldorf weitergehen soll oder doch Richtung Mülheim/Essen ist auch noch offen.
Klar ist eigentlich nur die Mitte - zwischen Oberhausen und Walsum fuhren zuletzt 1983 Personenzüge. Die Gleise führen noch weiter nach Norden bis Friedrichsfeld, für eine Anbindung nach Wesel ist eine neue Brücke erforderlich. Und ob es hinter Oberhausen Richtung Duisburg/Düsseldorf weitergehen soll oder doch Richtung Mülheim/Essen ist auch noch offen. © funkegrafik nrw | Marc Büttner

Denn ein Schwellenwert ist entscheidend: Kostet das Projekt mehr als 25 Millionen, muss eine Kosten-Nutzen-Analyse vorgelegt werden, ob die Strecke sich rechnet – inklusive aller weicher Faktoren wie Umweltschutz, Verkehrsverlagerung, Reisezeitverbesserung, hieß es. Anders herum: Liegen die Kosten über fünf Millionen Euro, ist das Projekt groß genug für Fördertöpfe des Landes.

Zunächst mal müssen die beteiligten Städte (Wesel, Voerde, Dinslaken, Duisburg, Oberhausen) und der Kreis Wesel klären, was sie denn nun am Ende wollen. Denn im Raum stehen verschiedene Varianten. Die wichtigste und kostspieligste Frage: Soll die Strecke wieder in Wesel beginnen – so wie vor dem Zweiten Weltkrieg? Dann müsste mindestens über den Wesel-Datteln-Kanal eine neue, weitere Brücke gebaut werden – und womöglich bräuchte man neben dem für die Betuwe-Linie geplanten dritten Gleis noch ein weiteres.

Im Norden des Projekts spricht man lieber von der Spellener Bahn

Dass die Anbindung nach Wesel mit geprüft wird, war für die Stadt entscheidend für die Kostenbeteiligung an der Machbarkeitsstudie, so Wesels Bürgermeisterin Ulrike Westkamp (SPD). In Voerde und Wesel jedenfalls nennt man das Projekt lieber „Spellener Bahn“ als Walsum-Bahn, damit klar ist: Die Strecke soll bitteschön weit über den Endpunkt der 80er-Jahre in Duisburg-Walsum hinaus nach Norden verlängert werden. Auch Landrat Ansgar Müller (SPD) betonte: „Wichtig ist Nahverkehr auch für den ländlichen Raum, wo 70 Prozent der Menschen in Deutschland leben. Verbundenheit macht nicht an den Grenzen der Kommunen halt.“

Blick ins Kursbuch von 1981: Vor knapp 40 Jahren brauchten die Züge eine gute halbe Stunde für die 15 Kilometer. Immerhin fuhr die Bundesbahn damals mit Akkutriebwagen.
Blick ins Kursbuch von 1981: Vor knapp 40 Jahren brauchten die Züge eine gute halbe Stunde für die 15 Kilometer. Immerhin fuhr die Bundesbahn damals mit Akkutriebwagen. ©   Christian Schmitt | Repro: Heimatverein Walsum

Heute beschreibt das dort noch verbliebene Güterzuggleis einen Bogen und unterquert direkt am Südufer des Kanals am Haltepunkt Friedrichsfeld die Strecke Wesel-Dinslaken-Oberhausen. Das Gute daran ist: Die Gleise liegen wenigstens noch – bis auf das kurze, aber aufwändige Stück über den Kanal. Besser gesagt: das eine Gleis.

Weiteres Gutachten benötigt

Für welche Geschwindigkeit man die Strecke ertüchtigt, wieviel Ausweichstellen es gibt, an denen auf der eingleisigen Strecke die Züge einander passieren lassen können, wie viele Haltepunkte entstehen sollen – alles das sind Frage, die die Studie mit klären soll. Klar ist ebenfalls: Derlei wird vermutlich erst in weiteren Gutachten auf Euro und Cent ermittelt, auch an der Finanzierung dieser Untersuchungen wird sich der VRR beteiligen, so Frank Hartmann (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Investitionen und Finanzen.

In Oberhausen jedenfalls brachten die Beteiligten das Projekt mit viel Optimismus auf die Spur. Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) jedenfalls betonte: „Ich möchte in der nächsten Legislatur die Jungfernfahrt auf der Strecke erleben.“ Klar ist auch: er möchte am Südende der Strecke eine Verlängerung Richtung Duisburg Hbf und weiter nach Düsseldorf, es werde jedoch auch eine Anbindung Richtung Mülheim-Essen geprüft, so Gabriele Matz beim VRR zuständig fürs Finanzmanagement und die Strukturförderung.

Nicht mit in der Studie enthalten ist eine mögliche weitere Anbindung Richtung Düsseldorf über die so genannte Ratinger Weststrecke über Wedau – diese würde zwei Reaktivierungsprojekte im VRR miteinander verknüpfen. Ebenfalls eher kein Thema ist eine Elektrifizierung der Strecke, da setzt man eher auf alternative Antriebe, beispielsweise per Wasserstoff oder per Batterie. Letzteres würde quasi die Tradition der Strecke nahtlos aufnehmen: die letzten Züge nach Walsum waren so genannte Akkutriebwagen, die nachts an die Steckdose kamen und dann per Batterie am Tag einige hundert Kilometer fahren konnten.