An Rhein und Ruhr. Einerseits hat sich der Wohnungsmarkt für Studierende in der Corona-Zeit entspannt, andererseits ist es schwieriger, die Miete zusammenzukratzen.

Lustig war das Studentenleben vermutlich auch vor der Corona-Krise schon lange nicht mehr – im Creditpoint-Stress und Lernen nach sehr engen Stundenplänen. Mit der Pandemie jedoch hat sich die Lage an den Hochschulen und insbesondere auf dem Wohnungsmarkt für Studierende deutlich geändert: Studieren geht jetzt in Zweifel auch vom alten Kinderzimmer aus – vorausgesetzt, es hat Internetanschluss. Aber will man das?

Frisch saniert: Das Studentenwohnheim Schemkesweg in Duisburg.
Frisch saniert: Das Studentenwohnheim Schemkesweg in Duisburg. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Der Druck auf den Wohnungsmarkt an Rhein und Ruhr jedenfalls, er hat zumindest in einigen Regionen deutlich nachgelassen. Auch jetzt, einige Wochen nach dem verspäteten Start ins Wintersemester, meldet das Studierendenwerk Duisburg-Essen, das sowohl für die Uni wie auch für die Hochschule West in Mülheim und Bottrop zuständig ist, freie Wohnheimplätze. Insgesamt bietet das Studierendenwerk dort rund 2500 Wohnheimplätze an, davon 80 Prozent in einer WG, der Rest sind Familienwohnungen oder gut 450 Einzelapartments.

Die Gründe für die überraschenden Freiräume: Vor allem die Studierenden aus dem Ausland bleiben zuhause. Das Studierendenwerk verzeichnet einen Rückgang von rund 28 Prozent bei den Studierenden, die hierzulande ihr Auslandssemester machen wollten - aber coronabedingt nicht konnten.. Das entlastet den Wohnungsmarkt für Studierende.

Hinzu kommt: Die Hochschule Duisburg-Essen ist traditionell eine Pendler-Uni. Rund die Hälfte der Studierenden wohnt nicht in der Studienstadt, ein Drittel wohnt noch zuhause. Auch dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass die hiesige Hochschule vergleichsweise viele Studierende in ihren Reihen hat, die nicht aus klassischen Akademikerhaushalten kommen.

Dennoch galten in Vor-Corona-Zeiten Apartment-Gebäude für Studierende als attraktive Renditeobjekte: Schnell gestapelte, möblierte Einzelapartments mit Nasszelle und Miniküche bei Maximieten, in denen oft der Internetanschluss inklusive ist. Wer es sich leisten kann und nur für ein, zwei Jahre an die Hochschule kommt, greift da gerne zu. Der Trend weg von der Wohngemeinschaft - wenn auch in anderen Preisklassen – geht auch das Studierendenwerk Duisburg-Essen mit: Als nächstes steht der Umbau eines Duisburger Wohnheims zu Einzelapartments an.

„Viele haben sich entschieden, bei ihren Familien zu bleiben“

Verändert hat sich die Wohnsituation auch auf dem Land: „Es hat einen Zustrom neuer Studenten in die Stadt gegeben, aber gleichzeitig haben sich viele alte Studenten entschieden, für das Wintersemester 2020/2021 bei ihren Familien zu bleiben“, berichtet Huzaifa Ejaz vom Studierendenausschuss Asta der Hochschule Rhein-Waal. Wohnheimplätze seien wenig gefragt – die Studierenden sind eher auf der Suche nach Einzelapartments - da gibt es weiterhin Wartezeiten.

Wer in Kamp-Lintfort ins Studierendenwohnheim zieht, muss sich zumindest optisch nicht sehr vom Elternhaus entfernen.
Wer in Kamp-Lintfort ins Studierendenwohnheim zieht, muss sich zumindest optisch nicht sehr vom Elternhaus entfernen. © WAZ FotoPool | Ulla Michels

Hinzu kommt: Für viele Studierenden wird es in Pandemiezeiten schwieriger, ihr Studium zu finanzieren, die klassischen Jobs in Kneipe und Kultur sind weggefallen. So berichtet auch das Studierendenwerk Düsseldorf, das für sieben Hochschulen mit rund 70.000 Studierenden zuständig ist – darunter fallen auch die Hochschulen Niederrhein (Krefeld/Mönchengladbach) und Rhein-Waal (Kleve/Kamp-Lintfort) zuständig ist, von einer hohen Zahl von Anträgen auf Überbrückungshilfen: Zwischen Juli und September wurden fast 4500 Anträge auf finanzielle Hilfe gestellt.

Wohl auch deswegen bilanziert Damon Muhebbi vom Asta der Heinrich-Heine-Universität keine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt der Landeshauptstadt. Gewiss sei auch hier die Zahl ausländischer Studierender rückläufig, andererseits müssten wegen der prekären Finanzlage sich viele Studierende nach einer günstigeren Bleibe umschauen. 428 Euro muss nach jüngsten Untersuchungen der Studierende in Düsseldorf im Monat fürs Wohnen auf den Tisch liegen. Vater Staat indes meint als BaFöG-Zahler, mit 350 Euro müsse man doch bitteschön auskommen.

Die Folge: Um das Studium zu finanzieren, verdingen sich immer mehr Studierende bei Internetzulieferern und Lebensmittellieferdiensten - weil Kneipen, Kinos, Cafés, Fitnessclubs – oder wo man sonst hätte jobben können – , ja dicht gemacht haben. Für die Jobs bei Amazon und Lieferando reisten die Studierenden aus Kleve mittlerweile bis Krefeld, Dormagen und Düsseldorf, berichtet der Asta der Hochschule in Kleve.

Der Regionalexpress, der abends um 23.35 Uhr in Kleve eintrifft, heiße bei den Studierenden schon „Arbeitszug“, berichtet Huzaifa Ejaz Mit etwas Glück sind die Nutzer dann gegen Mitternacht vom Nebenjob daheim – und müssen am nächsten Tag um 8 schon wieder der ersten Vorlesung vorm Rechner folgen. Klingt wahrlich nicht nach lustigem Student*innenleben...