Kevelaer.. Seit 150 Jahren gibt es die Werkstätten Derix. Die Glasmaler in Kevelaer restaurieren nicht nur alte Kirchenfenster sondern schaffen auch neue.
Was wäre die Welt ohne Licht? Was wäre die Kunst ohne Farbe? Was wäre ein Kirchenraum ohne farbiges Glas, das, von den Strahlen der Sonne touchiert, seinen Zauber entfacht?! Ein Raum, geflutet von mächtigem Rot, das sich, einmal durchs Glas geschlüpft, zum Himmlischen emporschwingt, das Paradies so nah...
Stopp! Vor aller Schwärmerei hat der liebe Gott das Handwerk gesetzt. Und Peter Derix ist nun auch alles andere als ein verträumter Farbengucker. Auch wenn er eine Profession hat, die neidisch machen kann: Der Mann malt mit dem Licht. Das hat bei Familie Derix Tradition, seit 150 Jahren!
Kunst und Handwerk verschmelzen ineinander
Was kann man mit Glas nicht alles künstlerisch anstellen! Fenster, natürlich. Hohe und kleine, abstrakt gehaltene oder welche mit bildlichen Darstellungen. Gläserne Altäre gibt es schon, Decken und Kuppeln aus Licht und immer wieder Fenster, in denen Kunst und Handwerk zu einem ganz besonderen Sein verschmelzen. „Ich habe seit 55 Jahren jeden Tag mit Glas und Blei zu tun. Und wir machen fast jeden Tag etwas anderes!“, sagt Peter Derix, Seniorchef der „Werkstätten für Glasmalerei, Mosaik und Restaurierungen“ in Kevelaer.
Für die Sixtinische Kapelle wurden sechs Fenster gemacht
Der größte Auftraggeber ist, immer noch, die Kirche. Auch wenn auch da das Geld nicht mehr so fließt wie in früheren Jahren, der Zahn der Zeit nagt an so manchem gläsernen Kunstwerk – und darf restauriert werden. Die Kunsthandwerker bei Derix müssen nicht nur mit dem Malpinsel gut umgehen können. Da wird auch zugeschnitten, gebrannt, verbleit, gelötet, verkittet, montiert. Und im Grunde sind sie alle auch Künstler, denn ein Glasmaler muss das Original, das der Künstler ihm an die Hand gibt, noch einmal schaffen. Eine Kopie auf Glas.
Peter Derix hat seinen Job noch als Glas- und Porzellanmaler gelernt. Heute heißt der Beruf Glasveredler, „wer weiß“, frotzelt der Chef, „in ein paar Jahren haben wir dann vielleicht den Bachelor of Glass....“ Was zählt ist, dass man nach wie vor die hohe Kunst der Glasmalerei als Ausbildungsberuf lernen kann, viel praktisches Arbeiten inklusive.
Glasmalerei kann man lernen, heute heißt der Ausbildungsberuf Glasveredler
„Wir haben Wartelisten“, sagt der Meister und ergänzt: „Jeder, der sich für unser Handwerk begeistert, kann eine Ausbildung bei uns machen, egal ob Abiturient oder Schulabbrecher. Wichtig ist, dass er besondere Fähigkeiten mitbringt, Farbsinn, handwerkliche Veranlagung, ein Gefühl für das Material Glas.“
Das ist nur drei bis vier Millimeter dünn, wenn es verarbeitet wird, so zart, so zerbrechlich und doch so ungeheuer mächtig in der Wirkung. Das mundgeblasene Antikglas wird von der Glashütte geliefert, meist aus Waldsassen in der Oberpfalz.
Das Antikglas wird von der Glashütte geliefert
Da ist dann schon das Blau und Rot und Gold und Gelb angelegt, der Glasmaler nun muss es zu etwas Besonderem machen. Jeder Faltenwurf im Gewand des Heiligen muss ebenso sitzen wie die alles zusammenhaltenden Bleirähmchen. Das Spannende ist wohl, dass man die althergebrachte Kunst des Glasmalens beherrschen muss, aber auch moderne Technik ausführen kann. Siebdruck und Airbrush auf Float- und Echt- und Antikglas, etwa.
Jugendstilfenster
Und dann kommt dabei so etwas heraus wie der Thora-Schrein in der Synagoge Kassel, zum Beispiel. Oder die Jugendstilfenster im Stadtbad Viersen.
Die größte Holzfensterkonstruktion Europas gibt es in St. Elisabeth in Opladen
Oder die größte Holzfensterkonstruktion Europas: das
8 x 13 Meter große Holzrahmenfenster in St. Elisabeth, Leverkusen-Opladen. Aber wie gesagt, die Werkstatt Derix kann auch Kirche wie früher. Und seit 1908 der Auftrag aus Rom kam, sechs Fenster für die Sixtinische Kapelle zu schaffen, darf sich der Familienbetrieb sogar „Päpstliche Hofglasmalerei“ nennen.
Das Aleppo-Fenster
in der Adventszeit rufen die Kevelaerer um 19.30 Uhr zum Friedensgebet für Syrien auf und zünden Lichter des Friedens an. Von Kevelaer aus wird in diesem Tagen auch eine Hilfsaktion für die Menschen in Aleppo gestartet.
Die Glasmalerei Derix hat schon einmal ein Fenster für eine Kirche in Aleppo gefertigt. „Wir wissen nicht, ob das nicht längst zerstört ist“, so Peter Derix.
Der Kirchenmaler Stummel lieferte die Vorlage für das Kirchenfenster für Aleppo
Im Niederrheinischen Museum ist eine aquarellierte Federzeichnung aus dem Jahr 1908 ausgestellt, die genau dieses Fenster zeigt: St. Clara vor Christus. Gefertigt vom Kirchenmaler Friedrich Stummel (der auch die Basilika ausmalte). Die Glaskünstler der Firma Derix haben seinerzeit das Fenster nach diesen Plänen für die Franziskuskirche in Aleppo ausgeführt. Eine Spendenbox steht neben der Zeichnung. Der Inhalt wird durch die Firma Derix mit einem „namhaften Betrag“ aufgerundet und den Kriegskindern in Aleppo zur Verfügung gestellt.
Das Niederrheinische Museum in Kevelaer widmet dem Jubiläum der Derix Werkstätten eine große Sonderausstellung. Zu sehen sind hochrangige Exponate aus der langen Geschichte der Glasmalerei Derix. Zu sehen noch bis zum 29. Januar.
Niederrheinisches Museum für Volkskunde und Kulturgeschichte e.V., Hauptstr. 18, 47623 Kevelaer. Öffnungszeiten: di-so: 10–17 Uhr. Erwachsene drei Euro, Kinder zwei Euro Eintritt. Familienkarte: 7 Euro. Mehr Infos: www.niederrheinisches-museum-kevelaer.de