Alkmaar. „Alkmaar Ontzet“: Am 8. Oktober wird in der Käsehauptstadt der Niederlande der Sieg über die Spanier gefeiert. Wir waren vor Ort.

Das Theater de Vest stand früher mitten in der historischen Alkmaarer Innenstadt, inzwischen ist es in einem neueren Gebäude am Canadaplein, wo auch das Stedelijk Museum und die Stadtbibliothek zu finden sind. Im Theater de Vest trat früher häufiger ein Mann auf, der vor allem in Deutschland eine Legende der Fernseh-Unterhaltung ist: Rudi Carrell.

Rudi Carrell, hie rmit Nastassja Kinski, wurde in Deutschland durch Shows wie „Am laufenden Band“ berühmt.
Rudi Carrell, hie rmit Nastassja Kinski, wurde in Deutschland durch Shows wie „Am laufenden Band“ berühmt. © dpa | schilling

Glück in Deutschland gefunden

Am 19. Dezember 1934 als Rudolf Wijbrand Kesselaar in Alkmaar geboren, wuchs der kleine Rudi mit Blick auf die Bühne auf. Sein Vater leitete das Theater de Vest, der Sohnemann bekam also früh viel von der Welt der Unterhaltung mit. Schon als Jugendlicher organisierte er Schulfeste, sang, erzählte Witze und führte Sketche auf – ein geborener Entertainer, für den die Möglichkeiten in seiner Heimstadt bald zu klein wurden. Rudi zog nach Deutschland und wurde ein international bekannter Showmaster. Am Munnikenbolwerk, einem kleinen Park im Herzen Alkmaars, erinnert eine Büste an den Mann, der ab 1965 fast durchgehend in Deutschland lebte und „Am laufenden Band“ erfand.

Der Käsemarkt locktz jede Woche tausende Touristen in Alkmaars historische Altstadt. 
 
Der Käsemarkt locktz jede Woche tausende Touristen in Alkmaars historische Altstadt.   © Ed van de Pol | Ed van de Pol

400 Jahre, bevor der lustige Rudi aus Alkmaar in Deutschland Fernsehgeschichte schreibt, wird seine Geburtsstadt zum bedeutendsten Ort der Geschichte seines Heimatlandes. Denn nachdem die Truppen des spanischen Königs in Antwerpen die seinerzeit wichtigste westliche Handelsmetropole eingenommen hatten und weiter nach Norden rücken, gelingt in Alkmaar der entscheidende Schlag gegen die Vereinnahmung durch das Heilige Römische Reich und somit die Katholiken.

Unter Führung von Wilhelm I. gelingt am 8. Oktober 1573 die Wende gegen den übermächtigen Gegner: Der Oranierkönig lässt die Deiche durchstechen und das Land fluten, sodass die spanischen Reiterstaffeln keine Chance haben, weiter vorzurücken. „Bij Alkmaar begint de victorie“ (Der Sieg beginnt in Alkmaar) heißt es in Erinnerung an den Coup der „Geusen“ genannten Aufständischen, der die Geburt der heutigen Niederlande markiert. „Jedes Jahr wird daher am 8. Oktober in Alkmaar ein großes Fest gefeiert“, erzählt Stadtführerin Tineke beim Gang durch das mittelalterlich geprägte Zentrum.

Am Feiertag, aber nicht nur dann, wird gerne ein kleines Törtchen genascht: Victorientje. „Es soll den erfolgreichen Kampf gegen die Spanier symbolisieren“, erklärt Robert te Beest, Beigeordneter der Stadt.

Alkmaar bietet viele überraschende Einblicke.
Alkmaar bietet viele überraschende Einblicke. © Visit Alkmaar | Visit Alkmaar

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Alkmaar lag früher direkt an der Nordsee, ein paar Fischer und Bauern lebten hier. Als sich das Meer zurückzog und ein Sand- rücken blieb, wurden es mehr. Im Jahr 1254 wurde Alkmaar mit Stadtrechten versehen und entwickelte sich schnell zu einem wichtigen Handelszentrum in der Provinz Noord-Holland. Wer heute durch die Stadt geht, passiert an über 400 Stellen das Schild „Monumenten“, also Denkmal. Eins davon ist die Synagoge, auch wenn sie noch nicht so alt ist. „Alkmaar war die erste Stadt in den Niederlanden, in der sich Juden niederließen, noch vor Amsterdam“, berichtet Tineke.

Die Geschichte der Synagoge

Als die Nazis die Niederlande besetzen und alle Juden in Lager bringen, ist Rabbi Wolf der letzte, der in der Hoofstraat 15 das Licht ausmacht. Die deutsche Wehrmacht lässt die Synagoge abreißen – erst 2010 wird sie mit einem Neubau wiedereröffnet. Rabbi Wolf lebt noch, er ist der erste, der in der Beet David Synagoge wieder das Licht anmacht.

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Das höchste Fenster der Niederlande

Wie fast die gesamten nördlichen Niederlande zählt Alkmaar zum protestantisch geprägten Teil des Landes. Die Laurenskerk, auch Grote Kerk genannt, ist eins der Wahrzeichen der Stadt. Am 6. Oktober 2023 wurde in der 1518 eingeweihten und damals katholischen Kirche das höchste Fenster der Niederlande eingebaut. Künstlerin Fiona Tan verbaute in das sechs Meter breite und 23 Meter hohe Querhausfenster 214 runde Felder, alle mit unterschiedlichen Motiven und von Sponsoren finanziert. Seit 1996 ist die Laurenskerk entwidmet und wird seitdem für Konzerte, Hochzeiten, Messen und andere Events genutzt.