Gelsenkirchen/Rotterdam. Streetart-Künstlerin Nina Valkhoff aus Rotterdam hat eine Hauswand in Gelsenkirchen-Ückendorf verschönert. Wir waren vor Ort.
Georg „Schorsch“ Jentsch ist begeistert. Wieder und immer wieder guckt er auf die Hauswand, auf der ein Reh, ein Rebhuhn und ein Feldhase zu sehen sind. Die drei Tiere sind etwas groß geraten, aber so soll es auch sein. Nina Valkhoff hatte schließlich genügend Platz. Gelsenkirchen-Ückendorf, Bühlweg 3.
Hier, nur ein paar Meter von der ehemaligen Bahntrasse entfernt, die von unzähligen Radfahrern gerne als Strecke für eine schöne Tour durch den Ruhrpott genutzt wird, ist in den vergangenen 14 Tagen ein Kunstwerk entstanden.
Kunst im „Gelsen-Style“
Die Insane Cowboys und Cowgirls, ein in dem inzwischen als Szeneviertel bekannten Stadtteil im Süden der Schalke-Stadt sehr aktives Kollektiv aus Kreativen, haben Nina Valkhoff nach Gelsenkirchen geholt. Die in ganz Europa und teils auch darüber hinaus tätige Streetart-Künstlerin aus Rotterdam sollte ein Mural im „Gelsen-Style“ malen. „Ich kannte die Gegend vorher nicht, aber als die Anfrage kam, war ich sofort interessiert. Das sind coole Leute“, nickt die Holländerin.
Beni Veltum ist ein Gelsenkirchener Künstler mit Verbindungen weit über die Stadt hinaus. Er kannte Nina Valkhoffs Werke, verfolgte ihre Arbeiten auf Instagram – und empfahl sie den IUC. Diese nahmen dann vor über einem Jahr Kontakt mit der Rotterdamerin auf und luden sie nach Gelsenkirchen ein.
Seit Montag, 9. September, ist sie in der Stadt und wohnt in der Zeit bei Pascal Hohen-Hinnebusch, einem Fotografen aus Ückendorf, der praktischerweise auch eine kleine Hausverwaltung betreibt – und Bock darauf hatte, eine seiner Häuserwände verschönern zu lassen. „Mein Vater hatte in der Zeitung gelesen, dass die Insane Cowboys and Cowgirls freie Wände für die nächste Streetart-Offensive suchen würden. Daraufhin habe ich ihnen eine Mail geschrieben und unsere Fassade für ein Mural angeboten“, berichtet Pascal Hohen-Hinnebusch.
Das zwölfte Mural
Nina Valkhoffs Werk ist mittlerweile das zwölfte dieser Art in Gelsenkirchen, das erste von 2018 finanzierten die IUC noch mit eigenem Vereinsgeld. „Seit 2022 konnten wir das Kulturreferat der Stadt davon überzeugen, uns jährlich eine Summe aus dem Topf für Street Art zu geben. Dadurch wurden in den letzten Jahren die meisten finanziert“, berichten Sarah Rissel und Roman Milenski von den Cowboys and Cowgirls. „Hinzu kommen Beteiligungen der Eigentümer, mal ein Entgegenkommen der Gerüstbauer und zuletzt hat Viva con Aqua aus Hamburg hier was mit uns gemacht und bezahlt.“
Ein Mural der Größenordnung, wie es Nina Valkhoff im Bühlweg in Ückendorf in den vergangenen Tagen schuf, schlägt mit 8000 bis 12.000 Euro zu Buche. Zwei weitere Werke werden noch in diesem Jahr realisiert, eines im Stadtteil Horst und eines in Gelsenkirchen-Mitte. Nina Valkhoff jedenfalls ist von der Stadt, über die sie bisher nicht viel wusste, als dass sie von einem englischen Fußball-Fan vor drei Monaten als „Shithole“ bezeichnet wurde, inzwischen restlos begeistert. „Ich habe viele positive Reaktionen bekommen“, erzählt sie. Wenn sie am Bühlweg auf ihrem Hubkran steht und sich mit Spraydose und Pinsel an der Hauswand zu schaffen macht, bleiben die Leute stehen. „Sieht geil aus“, sagen einige. Oder: „Gut machst du das!“
Tiere, die gejagt werden
Bevor sie in Ückendorf loslegte, schickten ihr die IUC fünf Wände zur Auswahl. „Ich habe dann auf Google Maps und auf Street View geschaut, wo das genau ist und mich für diesen Standort hier entschieden“, erklärt Nina Valkhoff. Vor 22 Jahren hat sie mit der Streetart angefangen und inzwischen in 14 Ländern Europas gearbeitet. Außer in Rotterdam sowie verschiedenen Städten in den Niederlanden unter anderem in Berlin-Teufelsberg – außerdem in Argentinien, Mexiko und Curacao. Nun also Gelsenkirchen, der Ruhrpott, bevor das nächste Projekt in Ede in Holland wartet. „Rotterdam war in den letzten Jahren der ideale Ort für Murals“, erklärt Nina Valkhoff. „Es ist keine alte Stadt, daher verändert sich sehr viel – und es sind eine Menge Hauswände frei.“
Ihre Arbeit im Bühlweg in Ückendorf basiert auf einer Vorlage der Tierfotografin Colinda van Binnendijk. Das passt. Nina Valkhoff sprayt und malt ebenfalls gerne Tiere, vor allem welche, die gejagt werden – wie das Reh, der Feldhase und das Rebhuhn. An der Hausfassade in Ückendorf haben sie jetzt die Chance, lange zu überleben.