Oudezijl. In der Graanrepubliek werden nur lokale Produkte verwendet – für Brot, Bier und Whisky. Wir waren vor Ort und haben probiert.

In dieser Republik hat eine (kleine) Revolution stattgefunden. Graanrepubliek heißt sie, liegt unmittelbar an der deutsch-niederländischen Grenze, und hat eine Mission. „Wir wollten Nahrungsmittel komplett neu denken“, verrät Laurens Spiek, Sprecher der Kooperative aus Bauern und Investoren.

In Oudezijl wurden früher Lokomotiven repariert. Als die Zeit der Zugmaschinen ganz im Nordosten der Provinz Groningen 1975 vorbei war, wurde die großzügige Halle zunächst als Getreidelager genutzt, zwischenzeitlich war sie auch mal eine Busstation. Dann musste eine neue Idee her, also wurde die einstige Werkstatt mit viel Liebe zur industriellen Herkunft – und auch ein wenig Taschengeld – geschmackvoll umgebaut. Nun können in der alten Remise Gruppen, zum Beispiel im Rahmen eines Firmenevents, lokale Produkte probieren: ganze Menüs, selbstgebrautes Bier, frisch gebackenes Brot und sogar Whisky.

Der König war auch schon da

Das Ergebnis der Revolution kann sich sehen lassen, und es schmeckt vorzüglich. Das weiß auch Willem-Alexander. Der König persönlich hat sich im März beim Besuch in Oudezijl von der Qualität der Produkte überzeugen lassen. Seitdem ist die Graanrepubliek stolzer Hoflieferant.

Aus dem torfreichen Boden in dieser Gegend ist viel zu holen – zum Beispiel Getreide. „Wenn die Erde gut ist, sind auch die Produkte, die daraus gemacht werden, gut“, meint Laurens Spiek. Wenn man mit Respekt zur Natur und Liebe zu seinem Handwerk an die Sache herangeht, versteht sich.

PR-Managr Laurens Spiek erklärt, wie in der Graan Republiek der Whisky destiliiert wird.
PR-Managr Laurens Spiek erklärt, wie in der Graan Republiek der Whisky destiliiert wird. © Heiko Buschmann / NRZ | Buschmann, Heiko

Die bevorzugten Getreidesorten sind Einkorn, Emmer und Dinkel. Zurück zu den Wurzeln heißt es, die alten Getreidesorten (Weizen, Gerste und Roggen) bringen zwar weniger Ertrag, aber sie sind geschmacksintensiver und bei richtiger Bewirtschaftung weniger anfällig gegenüber äußeren Einflüssen. Um die wertvollen Halme zu schützen, setzen die Bauern die angebauten Pflanzen in Streifen, wodurch die Nährstoffe im Boden erhalten bleiben und das Getreide weniger anfällig für Pilzbefall ist. Dass auch weniger Chemikalien und Düngemittel eingesetzt werden, versteht sich von selbst.

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Jaap und Gert sind die Landwirte der ersten Stunde. Sie haben vor nunmehr zwölf Jahren die Revolution am Boden ausgerufen. Dabei herausgekommen sind Produkte wie eine Haferklee-Milch, der Honigklee einen besonderen würzigen Geschmack verleiht. Yespers Müsli aus Nüssen, Samen, Kernen, Trockenfrüchten und schonend gerösteten Haferflocken schmeckt nicht nur lecker, sondern hilft auch, weniger Lebensmittel zu verschwenden. Yesper nimmt für sein Müsli nämlich Obst, das für den Verkauf vielleicht nicht mehr gut genug aussieht und rettet so Äpfel, Birnen und Trauben vor dem Weg in die Tonne.

Was gibt es noch in der Graanrepubliek? Senf aus Groninger Saatkörnern, Brot von Bäcker Wiebrand aus 100 Prozent Natursauerteig – und Eggens Bier. Immer verschiedene Sorten: süffige Blonde, leichte Weizen, schwere Dunkle, knallende Tripel – und alle mit Hopfen aus der Region.

Nach drei Jahren Reifezeit können sich die Partner der Graan Republiek ihren Whisky abholen.
Nach drei Jahren Reifezeit können sich die Partner der Graan Republiek ihren Whisky abholen. © AFP | Paul Faith

Drei Jahre für einen Whisky

Damit nicht genug. Denn gleich neben den Braukesseln stehen im nächsten Raum der alten Remise noch weitere kupferne Kessel. In denen wird aber kein Bier gebraut, sondern Hochprozentiges destilliert: Whisky. Vom Acker zum Glas lautet der Prozess, es ist ein langsamer, und am Ende halten Liebhaber ihren eigenen Dollard Whisky in der Hand. „Beim Whisky ist es oft eine Frage der Philosophie, wie lange dieser reifen sollte“, erklärt Laurens Spiek. „Wir geben dem Whisky drei Jahre, dann können ihn die Besitzer abholen und trinken.“

Die Besitzer, das sind Investoren aus der Dollard-Whisky-Community, beteiligen sich vorab an den Produktionskosten, lassen die Spezialisten in der Destillerie ihr Werk vollbringen und ihre Ernte langsam reifen. Nach drei Jahren ist es so weit, dann kann das Whisky-Fass abgeholt und herausgerollt werden.

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Getreideanbau gegen den Hunger

Der Name Graanrepubliek geht auf das gleichnamige Buch von Frank Westerman zurück. In diesem beschreibt der Autor, wie der frühere niederländische Landwirtschaftsminister Sicco Mansholt nach dem Zweiten Weltkrieg die Landwirte dazu ermutigte, auf den fruchtbaren Böden in Ost-Groningen in großem Umfang Getreide anzubauen. Mansholt wollte, dass niemand mehr hungern musste.

Heute wird der größte Teil der Fläche als Futtermittel für die Intensivtierhaltung verwendet, die den Boden auslaugt. Die Mitglieder der Kooperative Graanrepubliek wollen das ändern und setzen auf nachhaltige Bodenbewirtschaftung.