Leiden. In Rembrandts Geburtststadt gibt es 35 Innenhöfe. Im „goldenen Zeitalter“ wurden sie von Kaufleuten für arme Menschen gestiftet.

Es ist die Geburtsstadt von Rembrandt und war zwischenzeitlich die Heimat von Pilgern aus England, die von hier aus in die USA emigrierten. Sie sind Vorfahren unter anderem von Ex-Präsident George Bush senior und Barack Obama sowie von Marilyn Monroe und Nelson Rockefeller. Leiden, die historische Stadt in Südholland, kann viele Geschichten erzählen, die vom größten niederländischen Malermeister ist die bekannteste.

Nicht so geläufig, aber sicher ebenso spannend, sind die Geschichten dahinter – in diesem Falle hinter den schönen Fassaden.

Die meisten Hofjes haben einen Brunnen mit zwei Pumpen, einen fürs (früher dreckige) Grundwasser, die andere holte sauberes Wasser aus einer Zisterne.
Die meisten Hofjes haben einen Brunnen mit zwei Pumpen, einen fürs (früher dreckige) Grundwasser, die andere holte sauberes Wasser aus einer Zisterne. © Heiko Buschmann / NRZ | Heiko Buschmann

Zentral und doch gut versteckt

35 Höfe – Hofjes – hat Leiden, alle sind zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert entstanden. Wer durch die Altstadt schlendert, zum Beispiel an der Herengracht, der Rapenburg oder dem Oude Rijn, sollte auf alte grüne oder schwarze Holztüren achten. Dahinter verbirgt sich eine eigene Welt, stille Oasen inmitten des belebten Zentrums, idyllisch und mit einem sozialen Hintergrund.

„In den Hofjes haben damals meist arme Menschen gewohnt“, erzählt Otto Rosier von der Gilde Leiden bei einer Stadtführung. „Die reichen Kaufmannsleute haben ihr Geld auch dafür verwendet, um den weniger betuchten Wohnungen zu finanzieren. Einige der Hofjes sind heute noch im Besitz von Stiftungen, anderen gehören der Stadt.“

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In Leiden steht die älteste Universität der Stadt, über 20.000 von den etwas mehr als 120.000 Einwohnern sind Studierende. Einige von ihnen haben das Glück, in einem der 35 Hofjes leben zu dürfen – weil die Stadt die Miete bezuschusst.

Annette Doncker lebt seit 27 Jahren in einem Leidener Hof.
Annette Doncker lebt seit 27 Jahren in einem Leidener Hof. © Heiko Buschmann / NRZ | Heiko Buschmann

Leben im Hofje

Bei Annette Doncker sind die Unizeiten ein paar Jahre her. Die 80-Jährige stammt ursprünglich aus Rotterdam, ihr Vater war Verleger, dann zog es sie zunächst nach Nepal – und dann nach Leiden. Inzwischen ist sie 80, lebt seit 27 Jahren in der Meermannsbrug, einem 1681 errichteten Hofje in Leiden. „Es ist wirklich sehr schön hier zu wohnen“, nickt Annette Doncker.

Ihr Häuschen ist keine 40 m² groß, unten sind der Wohnraum mit kleiner Küchenecke und eine Toilette, oben, über eine typisch holländische enge Treppe zu erreichen, das Schlafzimmer sowie eine kleine Nische für die Waschmaschine und eine Badekammer.

Schilder, wie hier vor dem Sint Anna Aalmoeshuis, erklären etwas zur Geschichte des jeweiligen Hof.
Schilder, wie hier vor dem Sint Anna Aalmoeshuis, erklären etwas zur Geschichte des jeweiligen Hof. © Heiko Buschmann / NRZ | Heiko Buschmann

Draußen wird gerade ein wenig renoviert, die Wege werden neu angelegt. Dabei sind es auch Dinge wie die originalen roten Backsteinfliesen, die den besonderen Charme der Hofjes ausmachen. Jeder Hof hat einen Brunnen, die meisten mit zwei Pumpen – eine fürs Grundwasser, die andere führte zur Zisterne. „Das Grundwasser war damals schmutzig und nicht zum Trinken geeignet“, weiß Otto Rosier. „Deswegen haben die Leute lieber Bier statt Wasser getrunken, das Bier wurde beim Brauprozess gekocht – und es schmeckte auch besser.“

Noch so eine Geschichte aus Leiden, der Stadt, die so viel mehr als den alten Rembrandt zu bieten hat.