In Holland protestieren die Bauern, deutsche Landwirte solidarisieren sich. Umweltauflagen sind wichtig - der Unmut ist aber nachvollziehbar.
Brennende Heuballen auf den Straßen und Autobahnblockaden. Das sind Bilder von Protesten, wie man sie aus den Niederlanden eigentlich nicht kennt. Die Bauern in unserem Nachbarland sind auf den sprichwörtlichen Barrikaden. Wie militant der Protest noch werden wird, ist nicht abzusehen.
Die Regierung in Den Haag trägt an der Eskalation eine Mitschuld. Jahrelang ist in den Niederlanden eine Landwirtschaft geduldet und befördert worden, die auf massiven Export getrimmt wurde, mit den entsprechenden Folgen für die Umwelt. Jetzt tritt die niederländische Regierung radikal auf die Bremse und versucht EU-Vorgaben mit der Brechstange durchzusetzen. Das kann nicht gutgehen.
Veränderungen brauchen Dialog. Veränderungen brauchen vor allem Zeit, und diese Zeit gibt die niederländische Regierung den Landwirten nicht. Sie setzt ihnen die Pistole auf die Brust. Die Entscheidung, einen Hof verkaufen zu müssen, den die Familie über Generationen bewirtschaftet hat, und zudem den Beruf komplett an den Nagel hängen zu müssen, ist emotional enorm belastend, erklärt aber nicht das Abgleiten mancher Bauern in eine so wirre wie gefährliche Verschwörungsszene.
Reform der Landwirtschaft ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Aber: Bei aller berechtigten Kritik an der Landwirtschaft und insbesondere an ihren Verbandsvertretern, die die Industrialisierung der Branche auf Kosten von Natur und Umwelt durchgeboxt haben – in den vergangenen Jahren hat es sich Politik diesseits und jenseits der Grenze viel zu oft zu leicht gemacht, Grenzwerte und Vorgaben immer wieder im Hauruck-Verfahren geändert.
Dazu kommt: Die Reform der Landwirtschaft ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wer Nahrungsmittel zum Discountpreis kaufen und möglichst jeden Tag Fleisch auf dem Teller haben will, gleichzeitig aber die Landwirtschaft für Massentierhaltung und den Einsatz von Hormonen, Antibiotika und Düngemittel kritisiert, macht es sich zu einfach. Die Agrarwende gelingt nur gemeinsam.