Berlin. Kanzlerin Merkel und Niederlandes Premier Mark Rutte haben über EU-Wiederaufbaufonds beraten. Rutte lehnt den aktuellen Vorschlag bislang ab.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Europäer zu einem mutigen Reformkurs aufgerufen, um gestärkt aus der Corona-Krise zu kommen. Hilfen, die nicht mit Reformen und einer Ausrichtung auf die Zukunft verbunden seien, würden letztlich nichts helfen, sagte die Kanzlerin am Donnerstagabend in Berlin zum Auftakt eines Treffens mit dem niederländischen Premier Mark Rutte, von dem Impulse für das weitere Vorgehen bei den umstrittenen geplanten EU-Wiederaufbaufonds erwartet wurden. „Die Welt schläft nicht. Und nach dieser Krise werden mit Sicherheit die Karten neu gemischt“, warnte Merkel.
„Es wird geguckt, wer kann wirklich den Menschen in seinen Ländern Wohlstand garantieren. Und das geht nur mit einer wettbewerbsfähigen, zukunftsfähigen Wirtschaft.“ Eine große Rolle müsse zum Beispiel der Klimaschutz spielen, wo die Niederlande einen „sehr, sehr engagierten Weg“ gingen, sagte Merkel.
Niederlandes Premier Rutte für Wiederaufbaufonds und Reformen
Rutte sagte, die Corona-Pandemie habe großen Schaden angerichtet. „Es ist jetzt ganz wichtig, dass wir diesen Schlag, den Europa erlitten hat, gemeinsam meistern.“ Deutschland und die Niederlande könnten nur gut weitermachen, wenn es der ganzen Europäischen Union gut gehe. Alle Wirtschaftssysteme seien ganz eng miteinander verbunden.
Rutte betonte, es sei ganz wichtig, dass der europäische Wiederaufbaufonds komme. „Aber es ist auch wichtig, dass ein solcher Fonds zusammen mit
Reformen
durchgeführt wird, damit alle EU-Mitgliedsstaaten auch stark sind, und damit bei einem folgenden Schlag ein solcher Fonds gar nicht notwendig ist.“
Dobrindt fordert Rutte zum Umdenken auf
Mit Blick auf den geplanten mittelfristigen Finanzrahmen der EU betonte Rutte, die EU müsse sparsam sein. „Wir wollen nicht, dass der Nettobeitrag in Folge des Brexit und der Corona-Krise nun steigt.“ Rutte wünschte Merkel viel Erfolg für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft. „Wir haben sehr viel Vertrauen in Deine Person“, versicherte er der Kanzlerin.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte zuvor an Rutte appelliert, die Ablehnung der geplanten, nicht zurückzahlbaren EU-Milliardenhilfen in der Corona-Pandemie zu überdenken. „Wir müssen in ganz Europa darauf schauen, dass wir wieder wirtschaftlich erfolgreich sind. Wir müssen darauf schauen, dass wir in ganz Europa wieder Wachstum erzeugen“, sagte Dobrindt der Deutschen Presse-Agentur.
Niederlande bleiben Teil der „Sparsamen Vier“
„Ich bin mir relativ sicher, dass auch die sogenannten Sparsamen Vier sich so einer Logik nicht entziehen werden und entziehen wollen“, sagte Dobrindt. „Trotzdem ist es ja berechtigt zu fragen, wie wird mit den Hilfsgeldern umgegangen“, sagte der CSU-Politiker. „Möglicherweise ist die Kontrolle des Umgangs mit den Hilfsgeldern auch eine Brücke, über die diese Länder dann auch gehen können.“
Die Niederlande gehören mit Österreich, Dänemark und Schweden zu den „Sparsamen Vier“, die nicht rückzahlbare Milliardenzuwendungen ablehnen. Von den 750 Milliarden Euro des schuldenfinanzierten Wiederaufbauplans sollen nach den Vorstellungen der EU-Kommission 500 Milliarden als Zuschüsse und 250 Milliarden als Kredite vergeben werden. Den Haag will die Mittel nur in Form von Krediten zugestehen, die zudem an wirtschaftliche Reformen geknüpft werden sollen.
Rutte steht auch unter innenpolitischem Druck, denn er muss am Ende auch eine Mehrheit im Parlament von einem Kompromiss überzeugen. Seiner Mitte-Rechts-Koalition fehlt eine Stimme zur Mehrheit. Zudem steht im März die Parlamentswahl an. Auch wenn die Umfragewerte seiner rechtsliberalen VVD zur Zeit durch Erfolge bei der Bewältigung der Corona-Krise sehr hoch sind, muss Rutte die Konkurrenz der zwei euro-skeptischen Rechtspopulisten fürchten, Geert Wilders und Thierry Baudet. Nach seinem Gespräch mit Merkel wird der niederländische Premier Mark Rutte in den kommenden Tagen auch mit den Regierungschefs Italiens, Spaniens und Portugals zusammentreffen. (red. AFP/dpa)