Kurzarbeit funktioniert seit dem 1. Juli wieder nach den Regeln wie vor der Corona-Pandemie und ist damit schwieriger zu beantragen und weniger attraktiv als Instrument für Unternehmen, die ihre Auftragseinbrüche abdämpfen müssen.
Dass die Kurzarbeit in Südwestfalen im Gegensatz zum Bundestrend in den vergangenen Wochen dennoch zugenommen hat, ist alarmierend.
Betroffen sind vor allem Industriebetriebe aus Branchen, die vom Autobau abhängig sind, aber auch solche, die wegen der hohen Produktionskosten heute schon nicht mehr wettbewerbsfähig sind, die bei jeder Schicht draufzahlen. Wer kann, weicht zur Produktion auf Standorte außerhalb Deutschlands aus. Vielleicht nicht zuerst nach Asien, aber nach Osteuropa oder in die USA, wo seit dem Inflation Reduction Act ziemlich unbürokratisch Subventionen winken. Selten zuvor dürfte sich der deutsche Mittelstand mehr mit dem Thema Auslandsproduktion beschäftigt haben als heute.
Der Standort Deutschland befindet sich in einer kritischen Transformationsphase. Leider fehlen den Unternehmen und damit auch ihren Beschäftigten verlässliche Angaben über den genauen Pfad in die Zukunft. Sicher ist, dass es unter den aktuellen Bedingungen viele nicht aus eigener Kraft schaffen werden. Deutschland ist mit den hohen Energiekosten zurzeit nicht mehr wettbewerbsfähig. So weit, wie Arbeitgeber und Gewerkschafter beim Thema Arbeitszeitverkürzung bis hin zur Vier-Tage-Woche auseinanderliegen, so nah sind sie beisammen bei der Forderung nach einem Brückenstrompreis. Die sehr gut bezahlten Industriearbeitsplätze in Deutschland werden auf lange Sicht automatisch weniger werden. Es sollte mit Plan passieren, nicht mit einem Knall, weil die Kosten nicht sinken. Der Druck steigt.
Darauf, dass nach der Kurzarbeit im kommenden Jahr keine Entlassungen folgen, kann man derzeit nicht wetten.