An der Ruhr-Sieg-Strecke lässt sich schön beobachten, wie weit Anspruch und Wirklichkeit beim Bahn-Ausbau auseinander liegen.

123 Seiten umfasst der Abschlussbericht, den die Beschleunigungskommission Schiene dem Bundesverkehrsminister vor gut einem halben Jahr vorgelegt hat. Da steht eigentlich alles drin, was es zur Umsetzung der Verkehrswende braucht: von der Möglichkeit, beim Baurecht mehr Tempo zu machen, über die Digitalisierung und die Optimierung der Bautechnik bis zur Fachkräftegewinnung.

Und tatsächlich drückt der Gesetzgeber beim Planungs- und Genehmigungsrecht gerade aufs Gaspedal. Das hilft, aber lösen kann es die Probleme nicht. Denn die Infrastruktur der Bahn ist jahrzehntelang vernachlässigt worden; da geht es ihr nicht anders als der Straße. Mit dem Unterschied, dass die Schiene lange Zeit im öffentlichen Interesse eine noch geringere Rolle spielte. An der Ruhr-Sieg-Strecke lässt sich das schön beobachten. Die Bahn würde dort wahrscheinlich gerne mehr Dampf machen, aber: Nicht nur in den Zügen und auf den Bahnhöfen fehlt das Personal, es mangelt auch an Ingenieuren. Je länger es dauert, desto komplizierter wird es.

Derweil nimmt der Güterverkehr weiter ungebremst zu. Ende vergangenen Jahres erhöhte die Bahn-Tochter DB Cargo ihre Preise um bis zu 45 Prozent. Aus Unternehmersicht nachvollziehbar angesichts stark gestiegener Energiekosten. Die Verkehrswende kann so aber nicht klappen. Sie – und das ist der Vorwurf an die aktuelle Regierung, die Fehler vergangener Jahre ausbügeln muss – wird nur halbherzig vorangetrieben. „Vorrang für die Schiene“ ist eine politische Parole, die nicht ausreichend mit Fakten unterfüttert wird. Wie wäre es mit einem Deutschlandticket für den Güterverkehr? Ach, geht ja nicht. Die Tunnel sind zu klein.