Alle anderen sind Geisterfahrer, nur einer ist auf der richtigen Spur. Warum zögert der Papst im Fall Woelki?
Warum lässt Papst Franziskus zu, dass sich Kardinal Woelki immer weiter in seinen eigenen Netzen verstrickt? Das ist die Frage hinter den juristischen Vorwürfen, hinter dem Zerwürfnis mit den Gläubigen und Teilen des Kölner Priesterrates. Ist der Papst sadistisch und hat Freude daran, einen einst mächtigen deutschen Kardinal wie einen Hamster im Rad rennen zu sehen? Ist er ein Taktiker, der darauf wartet, dass Woelki sich als Person und Vertreter der Konservativen so unmöglich macht, dass die Reformgegner implodieren?
Man muss es sich vor Augen halten: Ein Kardinal, dem vorgeworfen wird, in zwei Fällen falsche eidesstattliche Aussagen getätigt zu haben, das Gericht belogen zu haben, der also gegen mehrere Gebote seiner Religion und des weltlichen Gesetzes verstoßen haben soll. Das ist kein schönes Bild, selbst, wenn die Ermittler bei den Hausdurchsuchungen nicht fündig werden, was wahrscheinlich ist angesichts der Kölner Geheimarchive und unvollständiger Akten.
Die Ermittlungen dauern bereits lange, und der Kardinal zeigt sich mit allen juristischen Wassern gewaschen. Der Schaden, den er damit anrichtet, dürfte nie mehr zu reparieren sein. Woelki ist in Köln längst ein Bischof ohne Volk. Gibt es Proteste gegen ihn, sind es die anderen, die polarisieren. Gibt es in der Bischofskonferenz Mehrheiten, sind sie für ihn nicht bindend. Alle sind Geisterfahrer, nur er ist auf der richtigen Spur.
Das Schauspiel ist erbärmlich - und gefährlich. Nicht nur in Köln, auch in Brilon und Schmallenberg, treten Menschen in Scharen mit dem Stichwort Woelki auf den Lippen aus der Kirche aus; es kostet die Institution noch den letzten Rest des Vertrauens.