Wesel. Jasmine Wolff hat sich lange in ihrem Körper unwohl gefühlt. Nun ist sie im Finale eines Modelwettbewerbs und steht zu sich und ihrer Geschichte.
Das Modeln wurde Jasmine Wolff aus Wesel nicht in die Wiege gelegt. Im Gegenteil: Lange haderte sie mit ihrem Körper, fühlte sich irgendwie falsch und unattraktiv. Eine schwere Erkrankung nagte zusätzlich an ihrem Selbstwertgefühl. Nun steht die 41-Jährige im Finale des Wettbewerbs „Fräulein Kurvig 2024“. Im Frühjahr hatte sie sich schon unter 1500 Bewerberinnen als Kalendermodel qualifiziert. Jetzt erhielt sie unter 100 Frauen im Halbfinale als einzige eine „Wildcard“ für die Endrunde mit 24 Finalistinnen. Die Weselerin ist davon selbst völlig überrascht: „Ich habe gedacht, ich habe keine Schnitte.“
Die hauptberufliche Erzieherin und alleinerziehende Mutter von zwei Kindern ist noch nicht einmal selbst auf die Idee gekommen, sich fürs Modeln zu bewerben. Das hatte eine Freundin übernommen und sie als Kandidatin für den Kalender angemeldet. So landete sie über ein Casting auf dem Kalenderfoto für den Monat Mai. „Das freut mich besonders, denn ich habe im Mai Geburtstag.“
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Die Frauen, die es in den Kalender geschafft haben, kamen ohne weitere Bewerbung ins Halbfinale am letzten Oktoberwochenende in Düsseldorf. Die Agentur, die bewusst Frauen jenseits der Standardmaße der Modeindustrie ins Rampenlicht rückt, kürt jährlich auch ein „Fräulein Kurvig“. In diesem Jahr findet das Finale am 14. Dezember in Krefeld statt. An die Qualifikation für die Endrunde wagte Jasmine Wolff zuvor kaum zu glauben. „Ich war schon sehr nervös. Die anderen Frauen haben so viel Stärke ausgestrahlt. Sie waren mir voraus in der Haltung: Ich stehe zu mir.“ Da sollte sie sich irren.
Nach einem Catwalk-Training startete die Weselerin in den Wettbewerb und wurde dabei von einem Filmteam des ARD-Magazins „Brisant“ begleitet. Beim Halbfinale stand nicht nur der Laufsteg im Fokus, den sie in einem eigenen, von ihr ausgesuchten Kleid beschritt, sondern auch die Ausstrahlung, die Geschichte der Bewerberinnen. „Es geht nicht um das Kleidungsstück, es geht um dich“, sagt Jasmine Wolff. „Die Präsenz ist ganz wichtig.“ Für sie gehört auch ihr liebstes Hobby dazu: das Tanzen. Also präsentierte sie mit ihrem Tanzlehrer Fadi den Bachata, einen ursprünglich aus der Dominikanischen Republik stammenden Tanz.
Unerwartet emotional wurde die 41-Jährige im abschließenden Gespräch mit der Jury. Dort erzählte sie, dass sie wegen ihrer in jungen Jahren fehlenden und später zu üppig ausfallenden Kurven stets das Gefühl hatte, ihren Körper verstecken zu müssen. Dazu kam eine schwere Herzerkrankung. Jasmine Wolff musste sich einen Defibrillator einsetzen lassen, der ihr bereits das Leben gerettet hat. „Wenn du einmal erlebst, wie schnell es vorbei sein kann, dann denkst du: Scheiß auf die Meinung anderer“, schildert sie, wie sie gelernt hat, sich zu akzeptieren. „Früher war ich immer darauf bedacht, anderen zu gefallen.“
Weselerin überzeugt Model-Jury: „Stolz und glücklich“
Die Emotionalität und ihre positive Ausstrahlung, glaubt sie, überzeugten die Jury. So sehr sogar, dass sie als einzige direkt eine „Wildcard“ fürs Finale erhielt. Das sei eigentlich nicht üblich, erklärte ihr die Agenturchefin Melanie Hauptmanns. Die anderen Finalistinnen haben ihre Zusage eine Woche später erhalten. „Ich bin sehr stolz und glücklich da ‚rausgegangen“, schildert die Weselerin.
Am Ende ganz oben auf dem Treppchen zu stehen, ist nicht das erklärte Ziel der 41-Jährigen, die mit Unterstützung von 15 Freunden und Familienmitgliedern im Dezember zum Finale reist. Die drei bestplatzierten Frauen erhalten einen Modelvertrag. Ihren Beruf will die Erzieherin nicht aufgeben, das Modeln könnte aber ein Teil ihres Lebens werden, sagt sie: „Ein schönes Kapitel.“ Den Gang über den Laufsteg bei der Gala, zu der auch das Duo „The Weather Girls“ und Sänger Dante Thomas erwartet werden, will sie einfach nur genießen. „Wenn man da zu verbissen dran geht, verliert man die Ausstrahlung.“ Und wenn es doch klappt mit dem Treppchen, ist die Freude umso größer.