Wesel/Schermbeck/Hamminkeln. Das Tierheim Wesel kämpft weiter mit zu vielen Katzen – besonders dramatisch ist die Lage in Mehrhoog. Auch ein Fall aus Schermbeck erschüttert.

Wesel und Hamminkeln haben ein Katzenproblem. Wie in vielen Kommunen steigt die Zahl von streunenden und ausgesetzten Tieren. Ein aktueller Brennpunkt, der auch das Weseler Tierheim beschäftigt, ist der Bereich rund um die Flüchtlingsunterkunft in Hamminkeln-Mehrhoog. Dort ist die Anwohnerin Anja Pauli auf etwa 40 Katzen aufmerksam geworden, die durch die Flüchtlinge gefüttert und notdürftig versorgt werden.

Sie selbst war bisher nicht im Tierschutz aktiv, konnte aber nicht wegsehen. „Die Katzen werden von den Flüchtlingen betreut, aber sie sind total überfordert und werden damit allein gelassen“, sagt sie. Das Schöne an der ganzen Geschichte sei, dass die Notlage der Tiere die Menschen in Mehrhoog, bei ihren Versuchen zu helfen, zusammenschweiße. Ganz gleich ob alteingesessene Anwohner oder Flüchtling.

Die Katzenpopulation wird durch die Flüchtlinge, die in der Unterkunft leben gefüttert.
Die Katzenpopulation wird durch die Flüchtlinge, die in der Unterkunft leben gefüttert. © privat

Veterinäramt und Tierheim haben schnell geholfen

Aus alten Matratzen hätten die Menschen in der Unterkunft den Tieren Unterschlüpfe gebaut, die jedoch mittlerweile durch die Caritas, die die Unterkunft an der Kreutzstraße betreibt, wieder entfernt worden seien. „Es fühlt sich keiner wirklich zuständig“, meint Pauli. Die einzigen Parteien, die sofort geholfen hatten, waren das Kreis-Veterinäramt und das Weseler Tierheim.

„Wir selber waren nicht vor Ort und wissen seit Montagnachmittag von der Situation in Mehrhoog“, erklärt Tierheimleiterin Kira Rauchel. „Am Montag hat eine Dame bei uns angerufen, die zwei Kitten entdeckt hatte.“ Die beiden Kater wurden daraufhin im Tierheim aufgenommen, leiden an Katzenschnupfen und der Zustand ihrer Augen war desolat. So schlimm, dass dem grau getigerten Tier eines seiner Augen entfernt werden musste und dem weiß-grauen Kater sogar beide.

Ohne die improvisierten Unterschlüpfe frieren die Tiere in Mehrhoog schon bei den aktuellen Temperaturen.
Ohne die improvisierten Unterschlüpfe frieren die Tiere in Mehrhoog schon bei den aktuellen Temperaturen. © privat

Unter den Katzen, die sich im Bereich der Flüchtlingsunterkunft in Mehrhoog aufhalten, sind viele Jungtiere, aber auch ausgewachsene Tiere. „Wir haben schon über 20 Kastrationstermine, für die Tiere ausgemacht“, berichtet Rauchel. „Kranke Tiere sollen behandelt werden. Vor Ort gibt es nette Helfer, unter anderem Frau Pauli, die versuchen, die jungen Kitten zu vermitteln.“

Ursprünglich sollen die Tiere von einem angrenzenden Bauernhof stammen und sich dann stark vermehrt haben. Für das Einfangen brauchen die engagierten Tierfreunde keine Lebendfallen. Einer der in der Unterkunft lebenden Flüchtlinge füttert die Tiere bereits seit einiger Zeit und sie lassen sich deshalb von ihm anfassen und sichern. „Dadurch, dass die Katzen so zutraulich sind, wird es später auch einfacher sie zu vermitteln“, ergänzt die Tierheimleiterin.

Ausgesetzte Tiere im Weseler Umland

Woran es liegt, dass die Anzahl an Katzen in letzter Zeit so explosionsartig in die Höhe schießt, kann sich Kira Rauchel nicht erklären. Eine Vermutung ist, dass die gestiegenen Tierarztkosten dazu führen, dass weniger Katzen kastriert werden. Oder aber Menschen ihre Tiere aussetzen, weil sie ihre medizinische Versorgung nicht mehr leisten können. Das ist übrigens eine Straftat. Im Paragraf drei des Tierschutzgesetzes steht folgendes: Es ist verboten „ein im Haus, Betrieb oder sonst in Obhut des Menschen gehaltenes Tier auszusetzen oder es zurückzulassen, um sich seiner zu entledigen oder sich der Halter- oder Betreuerpflicht zu entziehen“.

Der Kater „Eisbär“ wurde vor wenigen Tagen in Schermbeck ausgesetzt. Er ist eine der vielen Katzen, um die sich das Tierheim Wesel zurzeit kümmert.
Der Kater „Eisbär“ wurde vor wenigen Tagen in Schermbeck ausgesetzt. Er ist eine der vielen Katzen, um die sich das Tierheim Wesel zurzeit kümmert. © Tierheim Wesel

Das scheint in jüngster Zeit immer weniger Menschen abzuschrecken, denn auch im Weseler Umland häufen sich die Fälle von ausgesetzten Haustieren. Zuletzt ist in Schermbeck auf der Kilianstraße ein Kater in einer Transportkiste gefunden worden. Mit nur wenigen Information und der Bitte das Tier ins Tierheim zu bringen. „Eisbär“, wie das Tierheim den Kater getauft hat, hatte Glück. Denn seine Besitzer haben ihn vor einer ehemaligen Tierarztpraxis abgestellt, die schon seit längerem nicht mehr in Betrieb ist. Ein Mann hat ihn jedoch während des Spazierganges mit seinem Hund entdeckt und ins Heim gebracht.

Der Kater ist nach Schätzung des Tierheims etwa zehn Jahre alt und in keinem guten Zustand. Sein Fell ist verfilzt und er leidet unter entzündetem Zahnfleisch und schlechten Zähnen. Wenige Tage zuvor waren zwei Katzen auf der Rosenallee in Wesel-Diersfordt gemeinsam in einer Transportbox ausgesetzt worden. Die beiden, die auf die Namen Lilly und Fee getauft wurden, erholen sich jetzt im Tierheim von dem Schrecken. „Warum die Leute ihre Tiere aussetzen, können wir uns nicht erklären“, meint Kira Rauchel. „Klar haben wir derzeit 93 Katzen bei uns und es ist kaum möglich, weitere private Abgabetiere aufzunehmen, aber man kann immer mit uns reden und sicherlich eine Lösung finden.“

Katzennotstand: Wesel von streunenden Tieren überschwemmt

Die Katzen in Mehrhoog sollen nach dem Einfangen und der Kastration vermittelt werden. Unter anderem suchen noch drei Jungtiere ein Zuhause, frei von Schutzgebühren oder ähnlichem, aber mit einem Vertrag der sichern soll, dass sie kastriert und tierärztlich versorgt werden. Falls sie helfen wollen oder noch ein Plätzchen freihaben, können sie unter folgender Mail-Adresse Kontakt zu Anja Pauli aufnehmen: anjapauli@yahoo.de.