Wesel. Zwei Ladenlokale werden noch renoviert, zwei weitere Anbieter haben geöffnet. Darunter sind junge Existenzgründer mit einem seltenen Angebot.

In der Weseler Geschäftswelt gibt es wieder Bewegung: In zwei leerstehende Ladenlokale der Innenstadt ist neues Leben eingekehrt, zwei weitere Eröffnungen sind in Vorbereitung. Unter ihnen sind zwei ganz junge Existenzgründer. Darius Fiegen (23) aus Rheinberg und Saber Zubeir (19) aus Wesel kleiden seit Montag im ehemaligen Paparazzi-Ladenlokal an der Korbmacherstraße 4 modebewusste Herren ein, die Wert auf gepflegte Garderobe legen. Sie verkaufen Anzüge, Schuhe und alles, was dazu gehört.

Am Montag hat das Duo, unterstützt von Freund und Mitarbeiter Artjoms Kuznecovs (21), die Türen des mehr als 100 Quadratmeter großen Ladenlokals erstmals geöffnet. Aber wie kommen so junge Existenzgründer auf die Idee, Herren-Anzüge zu verkaufen? „Wir hatten erst überlegt, hier unser Büro einzurichten“, erzählt Darius Fiegen. Das leere Ladenlokal sei ihnen schon länger aufgefallen. Er und sein Kompagnon sind nämlich selbstständig im Bereich Finanzwesen aktiv.

Dann seien sie auf die Idee mit der Herrenmode gekommen. „Wir haben eine Affinität zu Anzügen“, sagt Saber Zubeir. Der Kontakt zu einem Kunden, der ebenfalls Herrenanzüge anbietet und damit guten Erfolg hat, machte den beiden Mut, es ebenfalls zu versuchen. Ein Geschäft mit einem solchen Angebot wird in Wesel benötigt, davon sind sie überzeugt. Gerade jetzt, nach der Schließung des Kaufhofes. Beide stehen auch privat eher auf diese Art von Mode als auf Jeans und Hoodie, sagen sie. Also kümmern sich die beiden nun mit Unterstützung von Artjoms Kuznecovs um den neuen Laden, ihre bisherigen Jobs wollen sie aber behalten. „Wir können uns unsere Zeit einteilen“, sagen sie.

Neue Geschäfte in Wesel: Kaffee aus Venedig

Herrenanzüge aus der Türkei (es soll auch noch italienische Modelle hinzukommen), Westen, Jacken, Gürtel, Schuhe und Krawatten können Kunden im „Royal Suits“ kaufen. Zu erschwinglichen Preisen, wie die Ladenbetreiber versichern, da sie ihre Waren bevorzugt im Komplett-Set anbieten. Wenn ein Anzug nicht auf Anhieb passt, bieten sie über einen Schneider Änderungsarbeiten an. Das Angebot reicht vom Zweireiher bis zum feierlichen Hochzeitsanzug – was Mann halt für verschiedene Anlässe braucht. Geöffnet ist das Geschäft täglich von 10 bis 19 Uhr.

Wirtschaftsförderung: „Wesel ist nicht unattraktiv“

Für Wirtschaftsförderer Wendelin Knuf, der bemüht ist, Existenzgründer und Vermieter leerstehender Ladenlokale zusammenzubringen, ist es positiv, dass die neuen Geschäfte inhabergeführte Läden sind und keine Ketten. Einige Filialen großer Ketten mussten sich zuletzt wegen finanzieller Schieflagen aus Wesel zurückziehen: Reno, Hussel, Esprit oder Gamestop sind da nur einige Beispiele. Die Inhaber kleinerer Läden engagieren sich für den Einkaufsstandort Wesel, so Knuf. Das sei bei den Ketten häufig nicht der Fall.

Keine konkreten Aussichten auf einen Nachfolger für die ehemalige Kaufhof-Ladenfläche kann die Wirtschaftsförderung derzeit vermelden. „Es gibt Optionen“, so Knuf. „Wesel ist nicht unattraktiv, aber es muss auch passen.“

Wenige Schritte weiter am Viehtor ertönt aus dem ehemaligen „Rüdigers Teeladen“ italienische Musik. Hier hat sich auf wenigen Quadratmetern Fasana Tiziano mit seinem Café „Buongiorno“ selbstständig gemacht. An den Wänden hängen Bilder von Venedig und von dort stammt auch die Spezialität des kleinen Stehcafés, die der Italiener dem Niederrhein nahebringen will: Neben den üblichen Kaffeeangeboten gibt es hier den „Cafferino“, eine italienische Spezialität, auf die der Betreiber besonders stolz ist. Das ist ein doppelter Espresso mit besonders viel Geschmack, erklärt Tiziano. Den Kaffee bezieht er aus einer Rösterei in Venedig.

Fasana Tiziano hat in Wesel das Stehcafé „Buongiorno“ eröffnet.
Fasana Tiziano hat in Wesel das Stehcafé „Buongiorno“ eröffnet. © rme

Ein Stehcafé ist die typisch italienische Art und Weise, das starke Getränk zu genießen, sagt er: „Eine Kultur“. Tiziano hat schon in Italien Cafés betrieben, wie seine Familie auch. Am Comer See zum Beispiel, in Bologna oder auf Gran Canaria. Außerdem liebt er Opern und war selbst auch schon als Sänger aktiv. Zwei Tische mit Stühlen stehen vor der Tür – für Gäste, die ihren Kaffee im Sitzen trinken möchten. Das „Buongiorno“ (Guten Morgen) als Name ist übrigens Programm: Das Café ist von 9 bis 14 Uhr geöffnet.

Second-Hand-Laden zieht an die Brückstraße

An der Brückstraße tut sich ebenfalls etwas: Im ehemaligen Ladenlokal der Boutique Gibsy haben Renovierungsarbeiten begonnen. Die Betreiberin der Boutique, Renate Feldmann, hatte ihr Geschäft im Februar nach fast 50 Jahren aus Altersgründen aufgegeben. In einigen Wochen wird dort wieder Mode über die Ladentheke gehen. Wir die NRZ erfuhr, eröffnet Mitte oder Ende November der Second-Hand-Laden „Schickeria“. Das Konzept der zukünftigen Betreiberin sieht vor, hochwertige, gebrauchte Damenmode für Frauen im Alter zwischen 30 und 70 Jahren anzubieten. Zum Weihnachtsgeschäft ist auf jeden Fall die Eröffnung geplant.

Um eine neue Boutique reicher wird wie berichtet auch die Hohe Straße 10: Nach einer Umbauphase will hier Yasemin Getir, die in Moers bereits das „unique flores“ betreibt, in dem ehemaligen Ladenlokal des Feinkost- und Geschenkartikelladens „Barrique“ ein zweites Standbein eröffnen. Getir verkauft Mode aus Italien und Spanien, die chic, lässig und bequem sein soll. In dem 150 Quadratmeter großen Geschäftslokal in Wesel soll dann auch ihr Online-Shop angedockt werden.