Hünxe. Von der Besamung bis zur Geburt: Stella Porath erlebt in ihrer Ausbildung zur Pferdewirtin bei Schult in Hünxe alle Facetten der Pferdezucht.

In Stella Poraths Alltag dreht sich alles ums Pferd. Die 19-Jährige, die eigentlich aus Uslar in Niedersachsen stammt, macht eine Ausbildung zur Pferdewirtin in der Fachrichtung Zucht auf der Hengststation Schult in Hünxe. „Dabei habe ich mit den Stuten und Hengsten, dem Besamen, Fohlengeburten und vielem mehr tun“, zählt sie die Schwerpunkte auf. Aufs Pferd gekommen ist sie durch ihre Schwester, die ebenfalls reitet und ein Pferd besitzt. Auf die Hengststation kam sie durch einen Freund, der ebenfalls bei Tobias Schult seine Ausbildung absolviert hat und immer noch dort arbeitet.

Ausbildung zur Pferdewirtin: Von der Schule in den Stall

Dass sie selbst Pferdewirtin werden wollte, stand für Stella Porath fest, als sie etwa 16 Jahre alt war. Auch damals hat sie nebenbei schon mit Pferden gearbeitet und ist geritten. Als die Zeit kam, sich zu entscheiden, fiel die Wahl auf die Arbeit mit den Tieren an der frischen Luft. „Das lag mir mehr als den ganzen Tag auf der Arbeit zu sitzen und darauf zu warten, endlich zum Stall fahren zu können.“

Der Tag auf der Hengststation fängt früh an, die Arbeit beginnt für Stella Porath um 7.30 Uhr. „Das erste, was ich mache, ist Pferde in die Führmaschine zu stellen“, sagt sie. Ihre jeweiligen Aufgaben variieren je nach Saison stark. Aktuell kümmert sie sich am Vormittag um die Reinigung des Hengststalls und die Fütterung der Tiere. „Ich helfe auch der Bereiterin, indem ich die Pferde für sie vorbereite.“ Nach anderthalb Stunden Mittagspause arbeitet sie dann noch bis 17.30 Uhr, bevor es Zeit für den Feierabend wird. Die Arbeit auf der Hengststation mit den 130 Tieren ist vielseitig, aber auch herausfordernd – nicht zuletzt körperlich. Zusätzlich kümmert sie sich um ihr eigenes Pferd. Eine fünfjährige Stute namens „Regentin“.

Bei ihrer täglichen Arbeit als angehende Pferdewirtin händelt Stella Porath auch die Pferde die zum Beritt auf der Hengsstation stehen – wie die Stute Élysée Spring.
Bei ihrer täglichen Arbeit als angehende Pferdewirtin händelt Stella Porath auch die Pferde die zum Beritt auf der Hengsstation stehen – wie die Stute Élysée Spring. © FUNKE Foto Services | Thorsten Lindekamp

Wenn der Stall im Sommer gefüllt ist, sind maximal acht Deckhengste aufgestallt. Jedes Jahr kommen bei Schult etwa 30 Fohlen zur Welt, die für die Aufzucht in Hünxe bleiben. Auch traurige Ereignisse wie kranke oder totgeborene Fohlen gehören mit zum Job, sind aber glücklicherweise nicht die Regel.

In der Decksaison von März bis August herrscht auf dem Hof am Bergschlagweg Hochbetrieb. „Dann haben wir alle Hände voll zu tun“, sagt Stella Porath. Der Auszubildenden gefällt besonders die Arbeit im Freien und der direkte Umgang mit den Pferden. „Ich habe hier unheimlich viele Möglichkeiten, zu lernen“, sagt sie. Was ist für sie ein Nachteil am Beruf des Pferdewirts? „Man hat wenig Zeit für anderes und ist zeitlich nicht sehr flexibel“, lautet die Antwort.

In der Berufschule in Wesel wird sie in Fächern wie Wirtschaft, Pferdenutzung, Pferdehaltung und Versorgung und Betriebsmanagement unterrichtet. Mal mit mehr und mal mit weniger Praxisbezug. „Für mich war bisher am spannendsten, als wir haarklein den Zyklus der Stute besprochen haben“, sagt sie. „Wir sind dabei den ganzen Weg von der Besamung bis hin zur Geburt durchgegangen.“ Generell seien vor allem die Themen interessant, die wirklich mit der Praxis der Station zu tun haben. Schon vor ihrer Ausbildung war sie bei ihrer ersten Fohlengeburt dabei. „Das mitzuerleben ist sehr schön. Es ist beeindruckend zu sehen, wie die Natur das alles eingerichtet hat.“

„Wenn man es mit Herzblut macht, hat man nach wie vor eine Zukunft“

Deutlich länger im Pferdegeschäft ist Stella Poraths Chef Tobias Schult. „Ich habe meinen Meister mit 25 Jahren gemacht“, erzählt er. „Seitdem, also fast 25 Jahre lang, bilden wir auch schon aus.“ Es sei allerdings mit den Jahren immer schwerer geworden, geeignete Bewerber zu finden. „Viele haben nach wie vor ein sehr falsches Bild des Berufes“, meint er. Es sei allerdings noch nie leicht gewesen. Aber wenn man einen passenden Azubi finde, dann blieben davon die meisten auch nach ihrer Ausbildung noch auf der Station.

Serie „Lust auf Lehre“

Der Fachkräfte-Mangel in Deutschland ist kein neues Phänomen und macht auch vor Ausbildungsbetrieben nicht Halt. Immer mehr Unternehmen haben zunehmend Schwierigkeiten, geeignete Auszubildende zu finden. Wie der Jahresbericht des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zeigt, blieben im Jahr 2023 73.400 Ausbildungsstellen unbesetzt – ein neuer Höchststand. 2,9 Millionen Menschen unter 34 Jahren haben in Deutschland keinen Berufsabschluss.

Dabei sind die Möglichkeiten abseits von Abitur und Studium nach wie vor mannigfaltig – auch in Wesel.
In dieser Serie stellen wir Ausbildungsberufe und vor allem junge Menschen, die sie absolvieren, vor.

Dass der Reitsport sich zurzeit in einer Krise befindet, ist auch ihm bewusst. Tobias Schult sieht vor allem die Art und Weise, wie auf den sozialen Medien damit umgegangen wird, kritisch. „Man darf nichts schönreden, aber auch nicht alle über einen Kamm scheren“, meint er. Dass der Reitsportbranche der Mittelstand wegbricht, ist die größte Negativentwicklung, die der erfahrende Züchter zurzeit beobachtet. “Durch die gestiegenen Kosten wird Reiten zum Luxussport und das ist nicht gut“, meint er.

All das mache aber den Beruf Pferdewirt nicht unattraktiver. „Wenn man es mit Herzblut macht, hat man nach wie vor eine Zukunft“, sagt Schult deutlich. „Davon bin ich überzeugt. Und zwar mit einem guten Verdienst und vielen Möglichkeiten.“

Auch Stella Porath hat schon Zukunftspläne. Sie kann wegen ihres Abiturs die Ausbildung um ein Jahr verkürzen. Danach möchte sie auf jeden Fall studieren. Was genau steht aber noch nicht fest – eventuell Agrarwissenschaften. Für die Ausbildung würde sie sich immer wieder entscheiden. Denn sie ist sehr glücklich mit ihrem Alltag rund ums Pferd – trotz aller Herausforderungen, die der Job mit sich bringt.