Wesel. Suchtkranke am ehemaligen Kaufhof verunsichern Bürger in der Innenstadt. Warum die Verlegung der Methadon-Ausgabe das Problem nicht lösen kann.
Der nun leerstehende Kaufhof an der Hohen Straße bietet keinen schönen Anblick in so zentraler Lage. Schon länger stören sich Bürger aber an offenbar suchtkranken Personen, die sich in dem Bereich vor dem ehemaligen Kaufhaus aufhalten und insbesondere durch Alkoholkonsum unangenehm auffallen. Bürger hätten sich beschwert, schreiben die CDU und die FDP unabhängig voneinander an die Verwaltung und verweisen darauf, dass die Personen gerade bei Älteren und Eltern von Schulkindern Ängste auslösen. Beide Fraktionen haben Verlegung der nahegelegenen Methadon-Ausgabestelle beantragt. Menschen sollen sich „in der Weseler Fußgängerzone wieder sicher fühlen“ können, schreibt die CDU. Doch so leicht lässt sich das Problem nicht lösen, entgegnet die Stadtverwaltung nun in einer Stellungnahme.
Die Fraktionen hatten beschrieben, dass sie häufig auf die Situation an der Ecke Hohe Straße/Kreuzstraße, wo auch viele Schulkinder in die Busse steigen, angesprochen wurden. „Und wer die Verhältnisse dort tatsächlich selbst erlebt hat (....) muss erkennen, dass dieser Zustand geändert werden muss“, stellt die CDU fest. Die FDP spricht sich für eine mobile Variante der Methadon-Ausgabe aus einem Fahrzeug heraus aus – ähnlich wie es bereits eine mobile ärztliche Versorgung für obdachlose Menschen gibt.
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Die Vorschläge lassen sich aber nicht umsetzen und schaffen auch keine Abhilfe, teilt die Stadtverwaltung in einem Bericht für den Hauptausschuss muss. Die Methadon-Ausgabestelle in der Innenstadt lässt sich nämlich nicht ohne Weiteres verlegen. Das hat laut diesem Bericht ein Gespräch der Bürgermeisterin mit dem Arzt ergeben, der werktags und am Wochenende in den Morgenstunden den Drogenersatz ausgibt. 70 Menschen werden in der Innenstadt mit dem Ersatzstoff versorgt. Ein Umzug sei für ihn zu teuer, die Kosten, müssten von externer Seite übernommen werden, falls sich überhaupt ein alternativer Standort finden lasse. Die Stadt ist froh, dass nach einer jahrelangen Notlösung ein Arzt diese Ausgabestelle in der Stadt führt.
Thema im Hauptausschuss
Mit diesem und anderen Themen beschäftigt sich der Haupt- und Finanzausschuss in seiner nächsten Sitzung am 3. September um 16.30 Uhr im Ratsaal. Ein weiterer Tagesordnungspunkt ein Antrag der FDP-Fraktion, die ein Konzept zur öffentlichen Nutzung von Gastronomie-Toiletten erstellen lassen will. Hintergrund ist die Einschätzung der FDP, dass es in Wesel zu wenige öffentliche Toiletten gibt.
Ein weiterer Vorschlag, die Methadon-Vergabe nach Moerser Vorbild in Räume des Kreises – zum Beispiel des Gesundheitsamtes – zu verlegen, scheidet ebenfalls aus. Der Kreis hat in Wesel schlichtweg keinen Platz dafür, teilte Landrat Ingo Brohl auf die entsprechende städtische Anfrage mit.
Drogenberatung: Methadon-Substituierte fallen nicht auf
Zusätzlich weist der Leiter der Weseler Drogenberatungsstelle, Jörg Kons, darauf hin, dass es gar nicht in erster Linie die mit Süchtigen der Methadon-Ausgabestelle sind, die in der Innenstadt den Unmut der Bürger erregen. „Die Menschen, welche sich auffällig in der Fußgängerzone aufhalten, sind auch langjährig suchtkranke Menschen. Nur ca. 5 bis 10 Prozent davon gehören zu dem Personenkreis der 70 suchtkranken substituierten Menschen in Wesel“, wird er im Verwaltungsbericht zitiert. Der weitaus größte Teil der Substituierten, also mit Methadon versorgten Personen, fällt gar nicht auf. Auch die Bewohnerinnen und Bewohner der Notunterkunft für Wohnungslose halten sich auch nur zu einem geringen Teil auf Bänken vor dem Kaufhof auf, ergänzt die Stadt.
Was kann die Stadt also tun? Die Stadtwacht hat ihre Präsenz in der Fußgängerzone in den vergangenen Monaten weiter verstärkt, teilt die Verwaltung mit. Bei Ordnungswidrigkeiten wie Alkoholkonsum, Betteln oder Verrichten von Notdurft könnten zwar Platzverweise erteilt werden, Bußgeldverfahren scheiterten jedoch häufig an der Mittellosigkeit der Personen. Eine ständige Präsenz der Ordnungshüter in der Innenstadt sei aber laut Verwaltung angesichts weiterer Einsatzorte wie dem Heuberg- oder dem Rheinauenpark nicht zu leisten.