Wesel. Erstmals debattierte in Wesel die Politik über das Kaufhof-Aus. Der Handlungsspielraum bei Konzepten für die Innenstadt ist allerdings begrenzt.
Wie entwickelt sich die Weseler Innenstadt in der Zukunft? Und wie gelingt es, weiterhin Menschen zum Einkaufen oder aus anderen Gründen in die Fußgängerzone zu locken? Diese Fragen haben mit dem Aus für den Kaufhof, der Ende August schließen wird, nochmal dramatisch an Relevanz gewonnen. Braucht es dafür Konzepte und Gutachten, die von externen Experten aufgestellt und teuer bezahlt werden müssen – oder helfen vielmehr die Ideen von vor Ort? Mit diesem Thema beschäftigte sich am Dienstagabend der Ausschuss für Wirtschaftsförderung. Es war das erste öffentliche Zusammentreffen der Ratspolitik, nachdem die Entscheidung für die Schließung des Warenhauses endgültig geworden war.
Grundlage der Debatte war ein Antrag der FDP. Die Fraktion fordert darin die Verwaltung auf, ein aktuelles Innenstadtkonzept zu entwickeln oder in Auftrag zu geben. Ulrike Westkamp konnte dieser Forderung aber recht wenig abgewinnen. „Es ist teuer und es bringt nichts“, sagte die Bürgermeisterin. Im aktuellen Haushalt stünden dafür zudem keine Mittel bereit, erst 2025 könnte Geld dafür freigemacht werden, wenn die Politik sich mehrheitlich dafür entscheidet. Die Verwaltungschefin verwies zudem darauf, dass es bereits ein Innenstadtkonzept aus dem Jahr 2020 gebe, das 2021 noch mal aktualisiert wurde.
Ohnehin sei der Handlungsspielraum von Verwaltung und Politik begrenzt. „Der Kaufhof gehört nicht der Stadt, er ist in Privatbesitz“, betonte Westkamp. Wichtig sei, dass es weiterhin einen engen Austausch mit den Eigentümerinnen gebe. Es gebe bereits verschiedene Ansätze, wie eine Nachfolgenutzung des Warenhauses aussehen könnte. „Das sind nicht nur Ideen, es gibt auch Anfragen“, sagte die Bürgermeisterin. Ins Detail ging sie allerdings nicht weiter.
Leerer Kaufhof in Wesel könnte auch eine Chance sein
Wirtschaftsförderer Wendelin Knuf berichtete davon, dass Wesel auf der Liste vieler Filialisten stehe, die sich gerne hier ansiedeln würden – bisher allerdings keine ausreichend großen Handelsflächen zur Verfügung haben. Da könnte eine freie Kaufhof-Immobilie sogar eine Chance sein, denn hier stehen insgesamt 7000 Quadratmeter Verkaufsfläche zur Verfügung. Platz wäre also gleich für mehrere Geschäfte, zumindest theoretisch. Denn Aufteilung und Zustand der Räumlichkeiten müssen schließlich zu den Vorstellungen der Interessenten passen. Knuf gab es sich jedenfalls optimistisch, dass es nicht zu einem jahrelangen Leerstand an prominenter Stelle in der Fußgängerzone kommt: „Wir wollen möglichst schnell die Wende schaffen.“
„Der Kaufhof gehört nicht der Stadt, er ist in Privatbesitz“
FDP-Vertreterin Bettina Luyken verteidigte die Idee ihrer Fraktion für ein neues Innenstadtkonzept. Mit Blick auf das bestehende Gutachten sagte sie: „Die Welt hat sich seit 2020 extrem stark verändert.“ Zwar sei die Leerstandsquote in Wesel gering, jedoch stelle sich bei manchen Ansiedlungen die Frage der Qualität. Ihre Argumentation: Wer brauche noch einen Barbershop?
Axel Paulik von den Grünen bezeichnete die Forderung nach einem neuen Gutachten als ein „bisschen Aktivismus“, es sollte erstmal das bestehende Konzept abgearbeitet werden. Jürgen Goebeler von der CDU verwies ebenfalls darauf, dass am Ende private Geschäftsleute die Entscheidung darüber treffen, welche Art von Laden sie eröffnen: „Das A und O für eine attraktive Innenstadt zum Einkaufen ist das Sortiment. Und darüber können wir alle hier in keinster Weise entscheiden.“ Wendelin Knuf ergänzte, dass in Wesel vor allem Sportartikel und Elektronikwaren im Angebot der Innenstadt fehlen, wenn der Kaufhof seine Türen schließt, gehören Haushalts- und Spielwaren auch zum weniger vom Handel abgedeckten Sortiment.
Wesel: Rutschen einige Teile der Innenstadt in Abwärtsspirale?
Ähnlich wie Goebeler hatte in der Debatte zuvor auch Westkamp argumentiert. Auch sie sehe einige Ansiedlungen kritisch, manche Bereiche der Innenstadt drohten in eine Abwärtsspirale zu geraten. Aber: „Wir befinden uns in einer Stadt, wo keine Planwirtschaft herrscht, sondern es gibt Vermieterinnen und Vermieter.“ Manche Eigentümer würden lieber an einen Dönerimbiss oder ähnliche Anbieter vermieten, weil sie dafür nicht in ihre Immobilie investieren müssen und etwas mehr Miete einnehmen können. Um die Besitzer von mehr Langfristigkeit zu überzeugen, sei es wichtig, im Gespräch zu bleiben, so Westkamp.
Der Ausschuss einigte sich schließlich darauf, bis zum nächsten Sitzungstermin konkrete Ideen für die Zukunft der Innenstadt zusammenzutragen und dann erst darüber zu entscheiden, ob ein neues Konzept aufgestellt werden soll oder nicht. Möglicherweise herrscht bis dahin ja bereits etwas Klarheit darüber, wie es mit dem Kaufhof-Gebäude weitergehen könnte.