Wesel. Für die Paketauslieferung setzt die Post in Wesel ein neues Fahrzeug ein. Die Besonderheit: Der Fahrer sitzt und lenkt rechts. Das hat Vorteile.

Seit rund zwei Monaten erfreut sich Andre Schlümer besonderer Beachtung: „Die Leute wundern sich schon, einige Bekannte sind total verwirrt – ich werde täglich angesprochen“, sagt der 46-Jährige, der schon seit rund 25 Jahren als Postbote täglich seine Tour in Wesel-Obrighoven fährt. Doch seit Kurzem erntet er nicht nur ein Dankeschön für die übergebenen Pakete und Päckchen, sondern ebenso erstaunte Blicke und Rückfragen.

Kein Wunder, denn der Post-Mitarbeiter ist jetzt mit seinem neuen Schmuckstück unterwegs, wie Schlümer liebevoll den gelben „Street-Scooter“ bezeichnet. Eine der Besonderheiten: Das E-Fahrzeug ist ein Rechtslenker – der Postbote sitzt also dort, wo sonst der Beifahrer sitzt: rechts vorne. „Das ist sehr praktisch und auch viel sicherer“, erklärt der Zusteller, der früher von der linken Fahrzeugseite aussteigen und erstmal auf den fließenden Verkehr achten musste. Jetzt steigt er direkt an der Bordsteinkante beziehungsweise auf den Bürgersteig aus.

Lieferfahrzeug in Wesel: 160 Pakete auf zwölf Kubikmetern

Eine Drehung nach rechts, ein Knopfdruck – und schon öffnet sich automatisch die große seitliche Tür seines Fahrzeugs. Aus dem begehbaren Laderaum mit Regalen für rund 160 Pakete kann er dann mehrere Sendungen greifen und mit dem Ellbogen per Knopf die Tür wieder verschließen.

Viel Raum für André Schlümer  –  Rund 160 Pakete kann der Zusteller in dem Laderaum seines neuen Postfahrzeugs unterbringen.
Viel Raum für André Schlümer – Rund 160 Pakete kann der Zusteller in dem Laderaum seines neuen Postfahrzeugs unterbringen. © FFS | Markus Weißenfels

Rundum eine große Arbeitserleichterung mit weniger Abgasen und weniger Lärm sei der neue Lieferwagen für den 46-Jährigen, die gerade in diesen Wochen genau passend kommt: Denn seit Ende November hat das Paket- und Päckchenaufkommen stark zugelegt, wie auch Britta Töllner von der Deutschen Post/DHL-Gruppe bestätigt: „Am letzten Novembertag hatten wir deutschlandweit schon 10,7 Millionen Pakete – im vergangenen Jahr war der stärkte Tag 11 Millionen, allerdings erst kurz vor Weihnachten.“ In Wesel selber werden normalerweise rund 5000 Sendungen zugestellt – in den kommenden Tagen im Starkverkehr vor Weihnachten dürfte die Zahl auf etwa 7000 anwachsen.

Sie erklärt auch, wie Andre Schlümer in den Genuss seines neuen Dienstfahrzeuges gekommen ist: „Wir haben ja schon seit längerer Zeit die Elektrofahrzeuge entwickelt für die Zustellung. Denn mit steigenden Paketsendung-Mengen muss man ja auch sehen, wie man das ökologisch abbildet.“ Mit der RWTH Aachen habe man dann ein Politprojekt gestartet und ganz neue Fahrzeuge gezielt nach den Bedürfnissen der Paketboten erfunden.

Dieser Rechtslenker der neuen Marke Street-Scooter nennt sich „Work L Gigabox“, was sicherlich mit seinem zwölf Kubikmeter großen Laderaum und bis zu 875 Kilogramm Zuladegewicht zusammenhängt. Nachts hängt das über sechs Meter lange Elektrofahrzeug mit knapp 70 PS an der Ladesäule – tagsüber kann es bis zu 136 Kilometer weit fahren. Insgesamt fahren schon 20.000 Street-Scooter in Deutschland – darunter 1300 dieser neuen Rechtslenker, davon sind in der Region zwei in Wesel unterwegs, zwei in Emmerich und einer in Voerde.

Rechts vorne sitzt André Schlümer in seinem neuen Dienstwagen.
Rechts vorne sitzt André Schlümer in seinem neuen Dienstwagen. © FFS | Markus Weißenfels

Bevor Andre Schlümer zum ersten Mal mit dem neuen Fahrzeug startete, erhielt er eine Einweisung. „Denn man muss auf vieles achten, was man sich vorher gar nicht vorstellen kann. Weil zum Beispiel der Blick ein völlig anderer ist – ich habe eine Kamera oben dran, damit ich den fließenden Verkehr von vorne sehen kann“, erklärt der Paketbote. Daran habe er sich aber schnell gewöhnt, wie auch daran, dass die Handbremse nicht vorne in der Mitte ist.

Rund 100 Anschriften fährt der Weseler täglich an und merkt, dass offenbar viele Obrighovener schon rechtzeitig an Weihnachten denken: „Erst vorhin habe ich noch ein Paket mit großen goldenen Schleifen ausgeliefert. Fast täglich wir jetzt schon gesagt: Gott sei Dank, da sind ja die Weihnachtsgeschenke.“