Wesel. Ein Jahrhundert-Starkregen-Ereignis suchte Blumenkamp auf. Stadtwerke informierten über die Entwässungssysteme und bieten persönliche Beratung an.

Henning Wagner weiß, wovon er spricht. Der technische Leiter der Stadtwerke erlebte selbst im Jahr 2016, wie der Keller in seinem Haus in Mehrhoog innerhalb kürzester Zeit volllief. „Ich weiß, wie Sie sich fühlen. Es ist ein Ereignis, dass ich nie wieder erleben möchte“, leitete er die Info-Veranstaltung ein, zu der die Stadtwerke und Vertreter der Stadt Wesel die Blumenkamper Bevölkerung eingeladen hatte.

Wie berichtet, waren in Blumenkamp am 4. Juli in etlichen Straßenzügen die Keller vollgelaufen. Nun galt es Ursachenforschung zu betreiben, die Bürgerschaft aufzuklären und ihnen Beratungen anzubieten.

Sehr gut besuchte Infoveranstaltung

Sehr gut besucht war die Infoveranstaltung der Stadtwerke in Blumenkamp.
Sehr gut besucht war die Infoveranstaltung der Stadtwerke in Blumenkamp. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Über 70 Blumenkamper nahmen das Angebot im Saal Pollmann wahr. Haben die Stadtwerke Fehler gemacht, reicht die Kanalisation für solche Starkregen-Ereignisse, wie kann man sich schützen? In einer sachlichen, ausgiebig und anspruchsvoll geführten Diskussion wurden viele Fragen beantwortet und auch Einwände und fachkundige Vorschläge der Bewohner aufgegriffen.

Stadtwerke-Chef Rainer Hegmann ist es wichtig, Aufklärungsarbeit zu leisten, dazu hatte er ein hauseigenes Expertenteam mitgebracht, von der Stadt Wesel stellten sich Bauleitplaner Gottfried Brandenburg und Klimamanagerin Ingrid von Eerde der Diskussion.

Große Mengen Wasser in einer kurzen Zeiteinheit lokal begrenzt aufzunehmen, kann die Systeme überfordern. So ein Ereignis dokumentierte der Deutsche Wetterdienst am 4. Juli gegen 16 Uhr für den Ortsteil Blumenkamp, sprich eine Niederschlagssumme von rund 52 mm/h. Ein 100-jähriges Ereignis hat eine Regenhöhe von 47 mm/h, was die Schwere dieses Vorkommens in Blumenkamp belegt. Dass der bauliche Zustand des Kanalnetzes intakt ist, hatte die Bezirksregierung erst am 3. Juni 2020 bestätigt, indem sie die aktuelle Generalentwässerungsplanung für Blumenkamp mit seinen hydraulischen Daten und baulichen Zuständen des Kanalnetzes genehmigte.

Schmutz- und Regenwasser getrennt

Schmutz- und Regenwasser werden getrennt abgeführt. Die Regenwasserkanäle werden in das Regenklärbecken Tönneskamp geleitet, die Abwässer in das Schmutzwasserpumpwerk Otto-Hahn-Straße und dann weiter in Richtung Stadt zur Kläranlage. Alle Grundstücke sind am Schmutzwasserkanal angeschlossen. Grundstücke am Zedernweg zusätzlich am Regenwasserkanal und an die Straßenentwässerung.

Die Vorwürfe aus dem Plenum: „Die Pumpen haben nicht funktioniert! Die Regler wurden nicht geöffnet!“ konnte Hennig Walter widerlegen. Alle Pumpen liefen ordnungsgemäß, der Abfluss war nicht blockiert. Dennoch lasse sich bei solchen Regenmassen ein Rückstau von Regen- und Abwasser in den Anschlussleitungen der Häuser nicht vermeiden, insbesondere wenn Wasser auf Straßen und Gehwegen nicht schnell genug abfließt, aufstaut und auf Grundstücke ausweicht.

Hauseigentümer muss selbst sichern

Daher stehe, so Wagner, in der städtischen Entwässerungssatzung, dass der Hauseigentümer seine Entwässerungsanlage selbst gegen Rückstau sichern muss. Das öffentliche Kanalnetz ist ausreichend dimensioniert, aber von einer bestimmten Menge an überfordert. Was sich bauplanerisch nicht mehr neu regeln lässt, wohl aber heute in Neubaugebieten, erläuterte Gottfried Brandenburg, bedacht werde.

Neue Indexberechnungen für Starkregen, die vergleichbar sind mit Sturmstärken, belegen, dass das öffentliche Entwässerungssystem ab einer bestimmten Niederschlagsmenge nur noch gering schützen kann. Eine entsprechende Karte hat die Emscher Genossenschaft erarbeitet und veröffentlicht.

Wenn die Kanäle in diesen Ausnahmesituationen überfordert sind, so schlug ein Blumenkamper vor, könne man die runden Deckel auf den Straßen, aus denen das Wasser wie Fontänen hoch spritze, mit entsprechenden Deckeln verschließen, ein System, das auch finanziell im Rahmen bliebe.

Diese habe man, wusste Stadtwerkemitarbeiter Arndt Fingerhut zu berichten, in Bislich eingesetzt. Aber wegen der Entlüftungsnotwendigkeit könne man diese nicht komplett abdichten.

Wichtige Hinweise kamen auch aus der Bürgerschaft

In der Diskussion zeigte sich, dass sich die Bewohner viele Gedanken gemacht haben, wie man dem Problem Herr werden kann, beispielsweise den nicht mehr genutzten Kinderspielplatz als Versickerungsfläche nutzen. Oder der Hinweis, dass ein Fachbetrieb mittels Kamera, die in die Dachrinne eingeführt wird, Aufschluss über die Rückstausituation geben könne.

Auf jeden Fall ist jeder einzelne gefordert, seine Immobilie derart zu sichern, dass die anfallenden Regenwasser auf den eigenen Grundstücken versickern können und durch Rückstauklappen das Abwasser nicht aus allen Öffnungen, die tiefer liegen als die Straßenoberkante, in Kellerräume dringt. Dazu gehöre auch, die Abflüsse zu kontrollieren und regelmäßig zu säubern.

Das Problem: Besonders Eigentümer, die ihr Haus nicht selbst erbaut, sondern später erworben haben, wissen oft gar nicht, ob sie beispielsweise einen Sickerschacht haben, wohin welches Wasser geleitet wird, ob ein Regler vorhanden und dieser auch funktionstüchtig ist. Hier bieten die Stadtwerke kostenlose Vor-Ort-Termine an, zu denen Fachleute ins Haus kommen, die Situation inspizieren und Empfehlungen aussprechen.

„Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, wir nehmen Ihre Sorgen ernst“, schloss Rainer Hegmann den Abend. Nach der Veranstaltung lagen Listen aus, auf denen sich Blumenkamper für eine gewünschte Beratung vor Ort eintragen konnten, was zahlreich in Anspruch genommen wurde.

>>>Hier gibt es weitere Informationen

Ulf Heinrich, Arndt Fingerhut und Peter Hoszek von den Stadtwerken haben bereits 17 Eigentümer vor Ort beraten und stehen weiterhin zur Verfügung. Angeboten werden Kellerbegehung, Prüfung der Anschlusssituation Abwasser, Inaugenscheinnahme der Revisionsöffnung bzw. Rückstauklappen.

Die häufigsten Ursachen der Überschwemmung bei den Ortsterminen waren: Überlaufen der Dachrinnen, so das das Regenwasser die Hauswand entlang in den Keller lief, Eindringen des Wassers durch Kellerschächte, fehlende oder verstopfte Revisionsschächte, fehlende oder defekte Rückstauklappen, Wasser kann nicht versickern.

Alle Infos findet man unter www.stadtwerke-wesel.de auch im Internet unter www.buergerinfo-abwasser.de