Kreis Wesel. Auch der Kreis Wesel sucht nach Ersatz für leere Busse. kleinere Fahrzeuge, die bei Bedarf gerufen werden, On-Demand-Verkehre, gelten als Zukunft
Wie sieht der Öffentliche Personennahverkehr der Zukunft aus – vor allem im ländlichen Bereich und in den nachfrageschwachen Zeiten? Bleiben weiterhin nur die Alternativen Taxi oder Privat-Pkw? On-Demand-Verkehr - Bedarfsverkehr also – ist das aktuelle Zauberwort in der Branche: Fahrgäste bestellen sich ihre Fahrgelegenheit per App – Kleinbusse etwa, die ohne feste Route und Fahrpläne unterwegs sind.
Auch das Mobilitätskonzept des Kreises Wesel sieht diese Variante vor. Ein Algorithmus berechnet die Route, der Bus holt die Fahrgäste an virtuellen Haltepunkten ab. „Wir sind davon überzeugt, dass wir mehr On-Demand brauchen, es führt kein Weg daran vorbei“, sagt Karl Borkes, im Kreis-Weseler Verwaltungsvorstand für das Thema zuständig.
Ohne öffentliche Zuschüsse ist die Umsetzung nicht möglich
Doch die Hürden sind hoch, weil viele Akteure an dem Gelingen beteiligt sind. Die Unternehmen müssen ins Boot genommen werden. Klar ist aber, dass ein solcher Verkehr nicht kostendeckend funktioniert – aktuell läuft der Kreis-Weseler ÖPNV aber unter dieser Vorgabe. „Ohne öffentliche Zuschüsse ist das nicht möglich. Wir haben das bereits in Wesel diskutiert und sind zu dem Schluss gekommen, dass es preiswerter wäre, den Leuten Taxigutscheine zu schenken…“, sagt Borkes. Zudem könnte es Probleme mit dem Taxigewerbe geben, denn die Personenbeförderung ist in Deutschland penibel über Konzessionen geregelt – daran arbeitet der Gesetzgeber gerade.
Das Mobilitätskonzept des Kreises geht davon aus, dass das System Gemeinde-, Kreis- und Verbundgrenzen überschreiten soll – anders als beispielsweise in Duisburg, wo ein Pilotprojekt innerhalb der Stadtgrenzen läuft (siehe Box). Fahrzeuge müssen her, und jemand, der sie bewegt – das kostet und wäre über den Ticketpreis nicht zu decken.
Feste Anlaufpunkte in den Kommunen
On-Demand würde bedeuten: Der traditionelle Busverkehr endet gegen 19.30 Uhr – dort, wo es ihn noch gibt. Danach stellen sich die Verkehrsplaner stündliche Bedarfsbusse vor, die von festen Ankerpunkten im Ort starten, auch ländliche Bereiche sollen so versorgt werden.
Als mögliche Ankerpunkte nennen die Gutachter verschiedene Punkte in den Kommunen: Bahnhof und Neutorplatz Dinslaken, in Voerde Bahnhof, Rathausplatz sowie Friedrichsfeld, den Weseler Bahnhof, Mathenakreuz und den Großen Markt, den Hamminkelner, Dingdener und Mehrhooger Bahnhof sowie den Hamminkelner Markt, das Rathaus in Hünxe und Schermbeck, in Xanten Bahnhof, Dom und Rathaus. Außerdem Alpen: Adenauerplatz, Bahnhof, Sonsbeck: Neutorplatz, Rheinberg: Bahnhof und Rathaus, eventuell Bahnhof Millingen, Kamp-Lintfort: Neues Rathaus, Bahnhof, Moers: Bahnhof und Königlicher Hof, Neukirchen-Vluyn: Vluyner Platz und Neukirchen Sparkasse.
Offen ist, ob die Verbraucher das Angebot annehmen
Von diesen Startpunkten aus verkehren bedarfsorientiert bis zu vier Fahrzeuge – eventuell unter Einbeziehung der Taxiunternehmen, so das Mobilitätskonzept. Der Bedarfsverkehr müsste an die bestehenden Strukturen angebunden sein (Bahn, feste Buslinien).
Als offene Frage benennt Borkes das Fahrgastverhalten: Wird das Angebot angenommen? „Das Anrufsammeltaxi wird kaum nachgefragt, es ist zu starr.“ Lässt sich durch das deutlich flexiblere Angebot eine Nachfrage schaffen?
Für Hamminkeln gibt es bereits ein Konzept mit drei Fahrzeugen, die die jeweiligen Ortsteile abdecken sollen mit einer hohen Haltestellendichte. Die Idee ist, einen Anschluss an alle Züge zu gewährleisten, so dass die Kleinbusse irgendwann zwischen 23 und 1 Uhr den Betrieb einstellen würden.
Die Finanzierung ist noch nicht geklärt
Klingt plausibel, ist aber schwer umzusetzen: Der Nahverkehrsplan müsste geändert werden, Leistungsvergabe und Finanzierung sind zu klären. In der Zeitschiene rechnet Karl Borkes noch mit drei bis fünf Jahren. Und: Es müsste Geld in die Hand genommen werden. Wegen der klammen Kommunen im günstigsten Fall vom Land NRW.
Corona-Pandemie bremste Duisburger Pilotprojekt aus
Ein leerer Gelenkbus ist nicht klimafreundlich – und nicht wirtschaftlich. Das Problem gibt es nicht nur in ländlichen Regionen. Seit 2017 hat die Duisburger Verkehrsgesellschaft AG (DVG) mit ihrem Pilotprojekt „myBUS“ fünf On-Demand-Busse – Kleinbusse – auf der Strecke: Ohne feste Linien und Fahrplan und als Zusatzangebot, wie Sprecher Ingo Blazejewski erläutert. Mit dem Ziel, in Randgebieten und in weniger nachgefragten Zeiten dennoch die Kunden zu bedienen.
„Leider hat die Pandemie das Projekt jetzt gebremst, wir hätten ja nur einen Fahrgast mitnehmen dürfen“, erläutert er. Prinzipiell habe die Idee funktioniert. Ganz problemfrei war die Einführung nicht, „wir waren ja Pioniere“, so Blazejewski, das sei mit einigem bürokratischen Aufwand verbunden gewesen. Um der Taxibranche keine Konkurrenz zu machen, mussten feste Haltestellen her – auch das ließ sich virtuell einrichten.
Einige Probleme konnten im ersten Schritt nicht gelöst werden
Ungelöst blieb in der Anfangsphase die Frage, wie Menschen mit Behinderung befördert werden können. Und Jugendliche, die noch nicht geschäftsfähig sind, denn: Buchung des Busses und Bezahlung des Tickets erfolgen nur per App. Duisburg nimmt entsprechend VRR-Tarif 3,20 Euro pro Fahrt. Wirklich wirtschaftlich sei das bislang nicht, aber mit Blick auf den Klimaschutz der richtige Weg.