Wesel. Gräber, deren Nutzungsrecht abgelaufen ist, können nachgekauft werden, mindestens für fünf Jahre. Friedhöfe sind aber auch wertvolle Naturplätze.

Elisabeth Hanf

Wenn Mike Seidel, Betriebsleiter der ASG, über den Friedhof Am langen Reck spaziert, fühlt er sich an seine Kindheit erinnert. In Luftlinie zum Friedhof wuchs er auf, aber dort, wo sich früher ein Grab an das andere reihte, sind heute große Rasenflächen zu finden. Dennoch haben die städtischen Friedhöfe nicht ihren Reiz verloren, als Orte der Ruhe, der Besinnung und des Naturerlebens.

Diese Grabstelle war nicht immer allein auf weiter Flur
Diese Grabstelle war nicht immer allein auf weiter Flur © FUNKE Foto Services | Markus Weissenfels

Wer die Daten seiner Verstorbenen nicht präsent hat, für den kommt die Post von der ASG-Friedhofsverwaltung meist unverhofft: Das Nutzungsrecht für eine Grabstätte ist abgelaufen, 25 Jahre liegt die Bestattung zurück, das Grab kann nachgekauft werden. „Eine Verlängerung für eine Wahl- oder Urnengrabstätte ist für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren bis höchstens 25 Jahre möglich“, erläutert Thorsten Lacks von der Friedhofsverwaltung. Er nennt ein Beispiel. „Die Verlängerung für ein Wahlgrab für Erd- und Urnenbestattung kostet 54 Euro je Grabstelle pro Jahr.“ Was vielen teuer erscheint, da der Betrag im Voraus für beispielsweise fünf Jahre bezahlt werden muss, zudem viele eine Zweiergruft haben, womit sich der Betrag verdoppelt.

Vier Wochen Zeit für die Entscheidung über eine Verlängerung

Wer nach 25 Jahren die Grabstätte aufgeben möchte, wird aufgefordert, eine Verzichtserklärung zu unterschreiben. Dann kann das Grab von den Angehörigen selbst abgeräumt werden, also der Grabstein, die Grabplatte, Kerzenhalter oder Vasen. Wer das nicht möchte, kann die Friedhofsverwaltung beauftragen, den Grabstein und die Pflanzen kostenlos abzuräumen und zu entsorgen. „Es macht immer Sinn, uns in diesen Fällen zu kontaktieren, auch wenn man innerhalb der vorgegebenen Karenzzeit von vier Wochen im Familienkreis zu noch keiner Entscheidung gekommen ist“, zeigt Thorsten Lacks Verständnis.

Ulrike Bruckmann, seit 40 Jahren in der väterlichen, sogar großväterlichen Gärtnerei Borgmann tätig, kennt die Problematik nur zu genau. „Als ich damals anfing, gab es auf dem Friedhof an der Caspar-Baur-Straße keinen freien Platz. Urnenbeisetzungen kamen kaum vor und wenn, dann wurden sie im Familiengrab bestattet. Urnenfelder gab es gar nicht.“ Zahlen, die Thorsten Lacks belegen kann. „Als ich vor 27 Jahren anfing, waren sieben Prozent Urnenbeisetzungen, heute sind es 70 Prozent.“

Den Friedhof Am langen Reck in Obrighoven, der oftmals noch als der Neue Friedhof tituliert wird, gibt es bereits seit 1967. Auch hier werden immer weniger Gräber verlängert. „Wir halten schon bestimmte Felder frei, auf denen nicht mehr neu bestattet wird, damit wir nicht zwischen den einzelnen Gräbern Rasen sähen müssen, so dass nach und nach parkähnliche Rasenflächen entstehen“, erklärt der Friedhofsverwalter. Denn, das weiß auch sein Chef Mike Seidel, die Anlagen müssen von der ASG gepflegt werden, was immer mehr Manpower erfordert.

Man kann Pflegeverträge für die Grabstätten abschließen

Ulrike Bruckmann findet die Möglichkeit gut, Treuhandverträge abzuschließen. Damit wird die Grabpflege für die Restlaufzeit finanziert. Das dort eingezahlte Geld wird dann jährlich an den Gartenbaubetrieb für die Grabpflege ausbezahlt.

Thorsten Lacks empfiehlt, dass sich Angehörige, bevor sie sich für eine Bestattungsform entscheiden, bei der Friedhofsverwaltung beraten lassen. Er habe oft erlebt, dass sich Familien beispielsweise mit einer anonymen Erdbestattung beziehungsweise einem Rasengrab, auf dem man weder Kerzen noch Vasen stellen darf, nicht abfinden können. Auch mit den Urnenstelen haben viele im Nachhinein Probleme. Wer ein Urnenwahlgrab aussucht, dieses beispielsweise mit einem Bodendecker bepflanzt und eine Steineinfassung wählte, hat bei einem geringen Pflegeaufwand einen individuellen Anlaufpunkt.

Wie sehr sich die Friedhöfe auf Grund der neuen Bestattungskultur auch leeren, als Grünlage mit altem Baumbestand, besonderer Artenvielfalt von Pflanzen und Insekten und mit historischen Grabmälern werden sie nie an Bedeutung verlieren.